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Sonderberichte aus der Tierwelt (von Lutz H. Dröscher, eine Zusammenfassung von Gomeck)

1. Der geheimnisvolle Schlaf der Delphine
Delphine müssen regelmäßig auftauchen und sind in ständiger Bewegung. Wie können sie schlafen?
Denn Schlaf ist so wichtig, daß er sich sogar unter Wasser einstellt.
Bei Delphinen wurde eine ganz neue Art von Schlaf entdeckt. Ihre Hirnhälften wechseln sich ab. Schläft eine Hälfte tief, so ist die andere hellwach. Sie kann auch dösen oder einschlafen, während die andere gerade aufwacht. Die Hirnhälften wechseln sich alle 1-2 Stunden ab. Diese Zweiteilung betrifft nicht nur die Großhirnrinde, sondern auch die tieferen Teile wie das Zwischenhirn. Am Tag schläft der Delphin so 7 Stunden, und eine Stunde mit beiden Hälften gleichzeitig, allerdings nur im Dämmerzustand.
Beim Delphin ist es nicht so, daß die rechte Hirnhälfte die linke Körperhälfte dirigiert und andersrum, jede Hälfte kann den gesamten Körper kontrollieren.
Interessanterweise fehlt dem Delphinschlaf die REM-Phase, die Traumphase, die bei sonstigen Säugern überall festgestellt wird. Entweder träumen Delphine ganz anders oder sie kommen durch die Schwimmbewegungen nie dazu, da in der REM-Phase die Muskulatur besonders schwach ist.
Robben dagegen haben auf dem Land einen normalen Schlaf, unter Wasser müssen sie alle 5 Minuten an die Oberfläche kommen. Sie haben die Fähigkeit entwickelt, in 5-Minuten-Portionen zu schlafen. Sie wachen von allein auf, tauchen auf und schlafen noch während dem Atemzug wieder ein, worauf sie wieder zu Boden sinken. Nach einer halben Stunde beginnt ein innerhalb der 5 Mi-nuten immer länger werdender REM-Schlaf. Jeder 5-Minuten-Schlaf ist dann ein kleiner, abgeschlossener Schlafzyklus für sich. Seelöwen und Seebären unterscheiden sich von den Seehunden in ihrer Schlaftechnik. Sie legen sich zum Schlafen auf die Seite, atmen alle 10-20 Sekunden und treiben dabei die ganze Zeit an der Oberfläche. Nur eine Hirnhälfte ist in Aktion, während die andere döst. Hier allerdings kann eine Hälfte nur die entgegengesetzte Körperhälfte steuern. Die Robbe paddelt im Schlaf nur mit einer Flosse und legt die andere zusammen.

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2. Die höchste natürliche Tiersprache
Erste Anfänge von Satzbau sind entdeckt worden! Keine Affen, keine Delphine, sondern Zwergmungos! Die 40 cm langen Schleichkatzen, die in "perfekten" Familine von 3-30 Tieren leben. Sie leben zwischen den Termitenhügeln der afrikanischen Taru-Wüste und drehen dort jeden Stein nach Nahrung um.
Sie konzentrieren sich voll auf die Bodensuche. Damit ein Raumvogel nicht leichtes Spiel hat, stellen die Mungos Wachposten auf. Andere Tierarten geben nur Warnlaute, die zur Flucht veranlassen. Doch die Zwergmungos geben "Lageberichte", sie teilen mit, welcher Feind sich nähert und in welcher Position er sich befindet. Um aber nicht ständig mit Warnrufen bei bloßem Erscheinen eines Vogels die anderen zu vertreiben, haben sich Adjektive und Substantive entwickelt, die die Bedrohlichkeit der Lage ausdrücken.
Ihr "Adjektiv" ist ein pulsierender Ruf von etwa einer Sekunde. Er gibt im wesentlichen die Entfernung des Feindes an und erfolgt stets zuerst. Dann folgt das "Substantiv", ein frequenzmodulierter Ruf von ebenfalls einer Sekunde, der übermittelt, was für ein Feind sich nähert. Außerdem wird damit beschrieben, ob ein Greifvogel z.B. auf einem Ast sitzt oder in welcher Höhe er fliegt. Diese Adjektive und Substantive sind frei kombinierbar, es hat sich also etwas wie ein Syntax entwickelt, Anfänge des Satzbaus!
Das Ausgeklügelste, was Affen zustande bringen, ist Semantik, also Bedeutung. Für verschiedene Feinde haben sie verschiedene Warnrufe. Durch Tonbandaufnahmen kann man sie täuschen, Zwergmungos aber nicht. Eine Aufnahme ist "aus dem Zusammenhang gerissen" und wird nicht ernst genommen.
Affen können zwar eine Zeichensprache erlernen, doch in Freiheit kann man diese Fähigkeiten nicht bemerken. Es kann jedoch sein, daß die Sprache der Schimpansen einfach zu subtil ist, so daß sie zu kompliziert für menschliche Analysen sind, genauso wie die Buckenwalgesänge.
Doch bei den Mungos ist es echte abstrakte Information, da Körpersprache ausscheidet, da die Mungos den Wachposten oft nicht sehen.
Diese Sprache wird von den Familienmitgliedern den Jungen weitergegeben.
Alleinaufgewachsene Tiere geben keine Warnlaute, lernen diese aber schnell in einer Gruppe.

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3. Eine Tierart, die nur aus Männchen besteht
Es ist ein Frosch, der sich nur wenig von den gewöhnlichen Grünfröschen unterscheidet. Er lebt u.a. in Frankreich. Um sich zu vermehren, mißbraucht er fremde Arten. Er paart sich mit Teich- und Seefroschweibchen. Aus den Eiern schlüpfen nur männliche Frösche mit dem Aussehen des Vaters. Normalerweise haben doch Weibchen und Männchen gleiche Vererbungschancen. Doch die dominante Männchen-Art manipuliert den Mechanismus der Erbgutverteilung. Es finden immer genau die Gene zueinander, die neue Männchen ergeben.
Auch sonst haben Grünfroscharten oft regelwidrige Nachkommenschaft. Gregor Mendel wäre entsetzt gewesen. Wenn zwei Teichfrösche sich paaren, entsteht ein Seefrosch (Rana ridibunda). Teichfrösche wiederrum werden gezeugt, wenn ein Seefrosch sich mit einem Tümpelfrosch (Rana lessonae) paart. Der dabei entstehende Teichfrosch ist aber eine Abart, die kein eigenes Erbgut besitzt. Er schafft es nun, sich sowohl mit See- als auch mit Tümpelfröschen zu paaren, und es kommen immer wieder nur Teichfrösche heraus! Er kreuzt sich also nicht mit seinen Elternpaaren, sondern legt sie vielmehr aufs Kreuz.
Zur Würdigung der Tatsache, daß der Teichfrosch kein Erbgut hat, sondern nur "Erbdiebesgut", bekam er einen lateinischen Namenszusatz: Rana kl. esculenta. Das kl. steht für "Klepton" und heißt "Dieb".
Wo also sonst der Zufall entscheidet, sind perfide Mechanismen in Gange. Ganze Chromosomen bleiben auf der Strecke. Sie scheinen einfach geschnitten zu werden.
Beim Teichfrosch dauert es sehr lange, bis sich Spermien oder Eizellen bilden, bis in den ersten Winter. Dann aber hat schon in den normalen Körperzellen eine Ausscheidung stattgefunden. Es kommen nur diejenigen Chromosomen zur Fortpflanzung, die auf weitere Teichfrösche hoffen läßt. Eine Angel angelt parteiisch. Dies geschieht bei der Zellteilung. Nur die "günstigen" Chromosomen werden verdoppelt und auf die neuen Zellen verteilt, während die "ungünstigen" von keiner Zelle geangelt werden. Sie verraten sich vermutlich durch ihr abweichendes Zentralstück.
Richtig wild wird es bei überzähligen Chromosomensätzen. Dann können die Paarung wieder andere Früchte tragen. Es kann sogar unter Umständen das passieren, was scheinbar normal sein sollte: aus einer Paarung zweier Teichfrösche geht ein Teichfrosch hervor!

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4. Kolibris fallen wie Blätter:
Um den Neststandort nicht z.B. Tukanen zu verraten, lassen sich manche Kolibris beim Verlassen wie ein fallendes Blatt hin- und hergleitend zu Boden fallen und fliegen erst dort weiter. Schwierig dabei ist es, so langsam zu fallen, ohne die Flügel merklich zu bewegen. Zufällig zur Brutzeit fallen sowieso häufig alte Blätter im Urwald zu Boden. Auch beim Hinflug fliegt der Vogel ein Stück nach oben, läßt sich wieder fallen und so fort, manchmal 5 Minuten lang. Das Junge sperrt auch erst den Schnabel auf, wenn die Mutter es berührt, und stößt keine Bettelrufe aus.

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5. Erforschung der Stadtmauer:
Die Stadtmauer ist ein echter Klimawechsel für Kleinstlebewesen. Sie ist sehr trocken und die Sonne erhitzt sie auf bis zu 40 °C. Doch sie besitzt viele Spalten, die feuchter und bis zu 20 °C kühler sind. Ohne sie wäre die Mauer tot. Man zählte in der Göttinger Stadtmauer 237 Tierarten, alles Winzlinge, meist ohne dt. Namen, manche durch Zufall, wenn ein Fluginsekt darauf prallt, manche gezielt. So leben einige Laufkäfer tagsüber außerhalb und jagen nachts auf der Mauer. Etwa 48 Arten haben dort ihre richtige Heimat. Die Wanze auf der Mauer, auf der Lauer, ist recht selten. Häufiger sind Schnecken und Springschwänze. Von unten nach oben wird die Feuchtigkeit geringer. Um die richtige Feuchtigkeit zu bekommen, müssen die Tiere nur einige Dezimeter nach oben oder nach unten zu klettern.
Die Vielfalt kommt auch dadurch zustande, daß die Mauer rund ist und alle Himmelrichtungen erfaßt. Nachtjäger siedlen sich im sonnenarmen Norden an, Tagaktive im Süden.
Die tiefen Spalten sind regelmäßig überbelegt. Manchmal werden Plätze schichtweise gewechselt! Wenn ein Kerbtier ihn verläßt, kommt sein gerade zurückkehrender Schlafplatz-Mitbenutzer entgegen.
Egelschnecken unternehmen nachts weite Wanderungen, kehren aber immer wieder zu "ihrer" Spalte zurück!
Die Furchenbiene gräbt ihr eigenes Loch.
In der Mauer gibt Raubritter mit Stolperfäden, Vertikal- und Horizontalnetzen, Lauerjäger, Fallensteller und auf der anderen Seite friedliche Pflanzenfresser, die ständig nachströmen und so die Jäger mit frischer Beute versorgen.
Jede Jahreszeit, ja jede Tageszeit hat ihre typische Tierart, die gerade die besten Lebensbedingungen für ihre Aktivität findet.

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6. Die Entdeckung radelnder Tiere:
In der Namibwüste lebt die Goldradspinne Caparachne aureoflava. Ihr Todfeind ist eine Wespe, die sie in ihrem Höhlengang allerdings noch vertreiben kann. Doch die Wespe beginnt dann, von oben her die Spinne auszugraben, denn die Spinne lebt an den Hängen von Sanddünen und hat ihre Höhle schräg in den Hang gegraben. Der nachrutschende Sand behindet die Wespe schon ordentlich. Doch hat sie die Spinne fast erreicht, nimmt diese Anlauf, stürzt aus der Höhle, wirft sich auf die Seitenlage, krümmt dabei ihre Beine so, daß sich ein Speichenrad bildet. Und so trudelt sie bis zu 100 m den Hang hinab. Spinnen, die die Flucht zu Fuß versuchten, mußten alle 2 Meter verschnaufen und wurden allesamt von der Wespe eingeholt und erlegt, da diese die Spinnenfußspur folgen kann, nicht jedoch eine "Reifenspur", und so rettet die radelnde Spinne meist ihr Leben. Die Spinne erreicht über 30 U/sec und eine Geschwindigkeit von 1,3 m/s! Bei 18 Wespen pro Hektar ist diese Methode auch überlebenswichtig.
Eine verwandte Spinne kann das auch auf ebenem Boden. Sie wirft sich grundsätzlich in die Windrichtung und wird von dem Wind davongetrieben.
Die Wüste lebt. In der Wüste Namib scheint aber Highlife zu herrschen. Es gibt dort sogar Elefanten! Sie leben nicht nur sporadisch "zu Besuch" in der Wüste, sondern ihr ganzes Leben. Sie verlassen die Wüste nie in den Nationalpark gleich neben der Wüste. Es leben dort 86 Elefanten. Bullen sind Einzelgänger, Weibchen und Junge leben in Familiengruppen. Die Elefanten sind in keiner Weise speziell an die Wüste angepaßt, sie sind ganz normale Elefanten. Warum starben 1977-1981 85 % aller Oryxantilopen und Springböcke, die mit einem Gegenstromsystem zur Kühlung des Gehirns speziell an die Wüste angepaßt waren, aber kein einziger Elefant?
Der Elefant hat es nicht im Kopf, sondern in den Beinen. Bis 4 Tage lang halten sie es ohne Wasser aus. So können sie zwischen den Pflanzenflächen und den Wasserlöchern hin- und herpendeln. Zur Trockenzeit sind nämlich die Pflanzen an den Wasserlöchern schnell weggefressen. Sie brechen manchmal zu Wasserlöchern auf, die sie 8 Monate lang nicht mehr gesehen hatten. Verfehlen sie es, sind sie dem Tode verurteilt. Die Wasserlöcher sind bis zu 60 Kilometer auseinander, und manchmal versickern auch Wasserlöcher oder trocknen aus. Doch Elefanten scheinen dafür einen siebten Sinn zu haben. Es gibt z.B. keine Erklärung dafür, wie sie plötzliche Regenfälle in weiter Entfernung wahrnehmen und sie exakt ansteuern, selbst gegen den Wind, drei Tage später sind sie vor Ort.
Das Wasserloch-Know-How wird von Elefant zu Elefant weitergegeben, auch von einem einzelgängerischen Bullen zum anderen. Deshalb bleiben sie auch immer in ihrem Wissensgebiet. Ihr individuelles Wüstenstück ist 2200 km² groß!
Und manchmal brechen Gruppen zu Gewaltmärschen von bis zu 195 km in fremde Gebiete auf, aber nicht in fruchtbare Teile, sondern durch andere Wüstenteile. Doch dann ziehen sie ebenso plötzlich wieder zurück.
Eine andere heimatverbundene Art ist eine Horde von 15 Bärenpavianen in einer Wüstenschlucht, obwohl es dort nur von Dezember bis März Wasser gibt. Manchmal sterben alle Neugeborenen. Steigen die Temperaturen über 45 °C, halten die Tiere 6 Stunden Mittagsschlaf, bewegen sich kaum und scharren sich in den Sand ein. Die notwendige Flüssigkeit bekommen sie aus der Rinde der Akazien.

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7. Der BBBb
Eine neuentdeckte Tierart wird grundsätzlich nur anerkannt, wenn ein Exemplar ausgestopft ins Museum kommt. Doch was ist, wenn nur ein Exemplar der Art bekannt ist?
In Somalia entdeckte ein britischer Vogelkenner einen Würger, der mit keiner der 700 Würgerarten vergleichbar war. Er wurde eingefangen, gefilmt, fotografiert und gemalt, der Ton wurde aufgenommen.
Normalerweise ist er schwarzrückig, doch wenn er sich plustert, erscheinen weiße Punkte, da die Federn nur an der Spitze schwarz sind. Nach Ausbruch von Unruhen mußte der Forscher Somalia verlassen, doch er nahm den Vogel mit. Ein Gesetz des Vogelzugs lautet zwar, daß er nie mit dem Flugzeug unternommen werden sollte, doch der Würger ertrug das europäische Klima meisterhaft. Er mauserte sich sogar und bekam ein weiteres Federkleid. Die Entdecker des Würgers entdeckten einen Paragraphen, in dem es hieß, daß auch Teile eines Tieres genügten, um es als neue Tierart anzuerkennen. Aus den Federn wurde Erbsubstanz gewonnen, und so konnte der Vogel dem Ausstopfen entkommen. Das Tier wurde als Tierart anerkannt und bekam den Namen Bulo Burti Boubou, Bulo Burti nach der Heimatstadt und Boubou wegen des Stabreims und weil Würger von Engländern oft Boubou genannt werden. Der wissenschaftliche Name heißt Laniarius liberatus. Liberatus steht für "der Freigelassene", denn am 23.03.90 wurde er in Somalia wieder freigelassen. Bis zum Schluß wußte man nicht mal, ob der BBBb ein Männchen oder ein Weibchen war.

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8. Lange vom Dschungel verhüllt: das Volk der jagenden Affen:
Hedwige und Christophe Boesch entdeckten, daß Schimpansenhorden, bisher für reine Vegetarier gehalten, auch ab und zu Fleisch fressen, und dazu sogar auf eine gut durchorganisierte Jagd gehen.
Wenn es losgeht, ziehen die 81 Tiere langsam in eine Richtung davon. Nach mitunter Stunden leitet ein Trommeln einen Richtungswechsel ein. Einige der Tiere schwingen sich in die Wipfel, die anderen folgen am Boden. Dann wird es leise, die Affen vermeiden jedes Geräusch. Sie dringen in kleinen Gruppen vor, halten sich aber eng zusammen und suchen die Wipfel mit den Blicken ab.
Sie spähen nach Mantelaffen, etwa halb so groß wie sie. Verrät sich ein Mantelaffe, geht die Hatz los. Am Boden werden mögliche Fluchtwege abgeschnitten. Dieser Wirbel kann eine halbe Stunde dauern. Wenn in den Wipfeln ein großes Geschrei ertönt, weiß jeder, daß der Mantelaffe gefangen wurde, und eilt dorthin.
Kleine Beute wird durch einen Kopfbiß getötet, größere bei lebendigem Leib in Stücke gerissen.
Der Fänger darf immer selbst die Beute verteilen, auch wenn das Fressen wie ein Chaos aussieht. Mitunter geht er dabei leer aus. Das Alter wird geachtet, auch die Jungen bekommen etwas.
Interessanterweise haben die Schimpansen es nicht nötig, zu jagen, sie kommen monatelang ohne Fleisch aus. Es kann passieren, daß ein Beutetier bei der Blättermahlzeit aufgestöbert wird, daß dann aber friedlich ziehen gelassen wird, ja die Schimpansen stieben dann oft sogar erschreckt davon.
Und dann kommen Zeiten, in denen fast nur gejagt wird, als käme ein "Jagdfieber" auf die Affen. Wenn der erste aufbricht, ist sein Fell gesträubt und sein Gang gespannt. Faul daliegende Gefährten tun es ihm gleich und so weiter.
Die Weibchen beteiligen sich zwar nicht so sehr an der Hatz, doch sie sind genauso erfolgreich, wenn sie es einmal tun. Auch bei Kindern und Jugendlichen regt sich der Jagdtrieb.

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9. Die denkbar zwistigste Vogelehe
Bei der Beutelmeise wurde während der Beobachtungen der komplizierten Beutelnester einen Superlativ entdeckt: die zwistigste Vogelehe in ihrer extremsten Form: dem Gattenmord.
Einträchtig bauen die beiden das Nest. Sind die ersten Eier gelegt, jagen sie sich gegeseitig fort. In einem Voliere, wo sie nicht flüchten können, sogar bis in den Tod. Und das ausgereichnet dann, wenn der Paarzusammenhalt am wichtigsten ist, beim Brüten und Füttern der Jungen. Es wurden Männchen beobachtet, die Futter gesammelt hatten, am Nest jedoch vertrieben wurden.
Der Vater stellt mitnichten eine Gefahr dar. Es gibt bei den Beutelmeisen auch alleinerziehende Väter, wenn nämlich das Weibchen vom Männchen verjagt wurde. Der Übriggebliebene muß dann für zwei schuften, um die Jungen zu füttern.
Warum das?
Zumindest kann die Brut längere Zeit ohne Brutwärme sein, da das Nest vorzüglich isoliert ist. Die Jungen bleiben im Nest, auch wenn sie schon selbstständig sind. Dennoch wird jede dritte Brut ohne ersichtlichen Grund aufgegeben.
Diese Seitensprüngen sind übrigens Seitenweitsprüngen. 210 Kilometer flog ein Weibchen, um einen Partner zu wechseln. Die Vögel fliegen als hin und her, um ihr Glück im Kinderkriegen zu probieren. Sie können so auch mehrere Bruten aus immer neuen Beuteln flattern lassen.
Aus dieser Beziehungskiste können mit Glück erhebliche Mengen an Nachkommen entstehen. Doch das ist nicht der Grund für die derzeitige Ausbreitung. 1950 noch waren Beutelmeisen in Schlesien Fremdlinge. 1960 entdeckte ein Teil von ihnen von Asien aus die Vorzüge Frankreichs als Überwinterung. Seither dringen sie aus beiden Richtungen nach Mitteleuropa vor. Lebensraumvernichtung im Osten liegt nicht vor, auch das Klima ändert sich allenfalls zuungunsten der Vögel. Über die Expansion herrscht also noch Unklarheit.
Wer trotzdem zusätzlichen Brutanreiz schaffen will, der hänge eine Wollsocke über einen Tümpel. Beutelmeisen siedeln gerne in der Nähe anderer Nester. Oft führt nicht nur die Socke zum Nest, sondern auch andersrum. Russische Kinder sammeln oft Nester, um sie im Winter über die Füße zu ziehen!

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10. Massenliquidation - ein Neuseeländer verflüssigt europäische Regenwürmer:
Artioposthia triangulata heißt ein neuseeländischer Einwanderer, ein Plattwurm, der wohl mit Topfpflanzen eingeschleppt worden sein muß, ist derzeit in Nordirland, Schottland und Dänemark hinter den europäischen Regenwürmern her. Er verfolgt ihn durch seine eigenen Gänge, legt sich dann um ihn und läßt seine Verdauungsenzyme sprechen, die aus dem Regenwurm eine Flüssigkeit machen. Keine halbe Stunde vergeht, bis das sympathische Opfer dieser Liquitation ganz aufgeschlürft ist. Doch die trinkfesten Fremdlinge haben nicht die Fähigkeit, das ökologische Werk der Aufgesogenen fortzusetzen. In südlicheren Gegenden ist man hoffentlich vor ihm sicher, da er Temperaturen über 20 °C nicht übersteht. In Neuseeland fristet der Plattwurm eher ein Schattendasein in den Uferwäldern von Flüssen. Hier schlägt er dagegen zu. Bei Belfast verschlang er in drei Jahren drei Viertel der Regenwürmer. In anderen Teilen vier Viertel. Wovon er jetzt lebt, ist nicht bekannt. Man hat festgestellt, daß die Plattwürmer, haben sie einmal ihre Verwandten ausgerottet, noch ein ganzes Jahr überleben können. Sie beginnen dann mit der Verdauung ihres eigenen Gewebes. Er ist 1-1,2 g schwer, legt 0,18 g schwere Eikapseln mit je 6 Eiern. Bei 10 °C frißt er durchschnittlich 1,4 Regewürmer pro Woche.
Der Wert der Regenwürmer läßt sich nicht genau beziffern. Weideland verliert ein Drittel seiner Produktivität, Töpfe mit Getreide verzehnfachen mit Regenwürmern ihren Ertrag.
Der wirtschaftliche Wert der Plattwürmer läßt sich beziffern. In schöner Übereinstimmung mit der Querschnittsskizze ihres Körperbaus beträgt er 0.

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11. Der Platz an der Sonne ist schon besetzt:
Welcher Wandel geht in unseren Zugvögeln im Winter in Afrika vor? Wenn unsere 5 Milliarden Zugvögel in Afrika eintreffen, treffen sie auf 70 Milliarden einheimische Vögel. Ökologisch sitzen sie zwischen den Stühlen, sie müssen an nördliches und südliches Klima angepaßt sein.
In Afrika haben sie viele Nachteile, weil die Anpassung eher auf den Norden zugeschnitten ist, da dort die Brut aufgezogen wird. Vor allem die Insektenfresser mit ihren kleinen Schnäbeln können diese in Afrika nicht gut gebrauchen. Doch die meisten finden Lücken, sie behelfen sich mit Kulturlandschaften und Savannen. Dort wiegen sie oft die Einheimischen auf. Die Zugvögel können vor allem Zivilisationen besser nutzen als afrikanische Vögel.
Um der Konkurrenz zu begegnen, werden plötzlich europäische Feinschmecker zu Multi-Talenten, Insektenfresser nehmen auch Beeren und Pflanzen zu sich. Diese Fähigkeiten haben allerdings nur Vögel unter 15 g.
Doch im Konflikt mit afrikanischen Vögeln unterliegen die Zugvögel fast immer. Gar die größten Zugvögel mußten afrikanischen Zwergen weichen. Doch da Zugvögel meist lange, enge, spitze Flügel haben, sind sie die besseren Flieger und bekommen so doch ihr Fraß. So gelingt es, inmitten der fremden Reviere eigene aufzubauen und sie gegen andere Zugvögel zu verteidigen.
Auch in ihren Umweltbedingungen sind Zugvögel sehr flexibel, sei es der ungewöhnliche Sitzplatz auf einem Krokodil, sei es die Verteidigung seltener Nahrungsquellen, um im nächsten Moment in Schwärmen über ein plötzliches großes Futtervorkommen zu stürzen.
Es mag wundern, daß die Zugvögel Jahr für Jahr denselben Garten in Europa finden, doch es ist mindestens genauso verwunderlich, daß sie dies in Afrika genauso tun. Fängt man einen Sumpfrohrsänger in Afrika und bringt in 30 km weiter in ein ebenso ansprechendes Sumpfgebiet, so ist er alsbald wieder an seinem Platz.

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12. Der Transvestit des Tierreichs:
Hochbetrieb bei den Sonnenbarschen im Wasser des kanadischen Opinicon-Sees. Die stärksten Männchen hatten sich jeder ein Terrain zwischen den Wasserpflanzen gesichert und umwarben nun die eben angekommenen Weibchen.
Ein starkes Männchen lockte mit einer leuchtend orangegelben Brust gerade ein Weibchen in seinen Garten. Doch sei waren nicht allein. Über ihnen schwebte ein kleines Fischlein. Alsbald sente es sich langsam zu dem schönen Paar herunter. Ein gefährlicher Eindringling? Nein ... Entwarnung. Der Revierbesitzer griff nicht an, als er erkannte, daß das Fischchen ein Weibchen mit der typischen Größe und den Zebrastreifen war. Er ließ es sogar zu, daß sich das vermeintliche Weibchen zwischen ihn und seine Umworbene drängte - und wurde Opfer eines perfekten Trugbildes.
Die Dame war ebenso ein Sonnenbarschmännchen wie der doppelt so große Revierbesitzer. Als sich die Schönheit zwischen die beiden gedrängt hatte, befruchtete "sie" das Weibchen. Der Kavalier wurde getäucht, er versuchte vergeblich, das Scheinweibchen zu befruchten.
Schon lange lautete eine Frage der Zoologen: "Warum muß es eigentlich immer nur eine Sorte Männchen bzw. Weibchen einer Tierart geben?"
Es gibt etwas ähnliches, die Schleicher. Bei den Jungfernkärpflingen sehen die Revierbesitzer schwarz aus, die Schleicher hingegen sind braun und stürzen ohne Brautwerbung sofort auf das Weibchen, die in den Territorien der schwarzen Fische schwimmen. Doch sobald ein Revier frei wird, geht in dem Schleicher eine enorme Wandlung vor sich. Er wird genauso schwarz, ergreift von dem Territorium Besitz und kann plötzlich auf die elegante Weise um Weibchen werben.
Doch die Sonnenbarsche sind etwas anderes. Bei ihnen bleibt der Unterschied dauerrhaft bestehen.
Wichtig dabei, daß die beiden Männchenformen Chancengleichheit hatten. Die Entwicklungswege trennten sich ohne Zwang. Zum Zeitpunkt der Sezession sehen noch alle Jungbarsche gleich aus. Die meisten aber hörten nach drei Jahren auf zu wachsen und wandelten sich zu zeugungsfähigen Störenfrieden und Transvestiten. Die späteren Revierbesitzer aber hatten noch jahrelang zu wachsen. Erst dann konnten sie einen eigenen Platz erobern. Dort können sie dann allerdings viele Jahre das Leben geniessen, während die Transvestiten kaum sieben Jahre alt werden.

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13. Welche andere Farbwelt die Vögel sehen:
Das Weiß des Weißen Pfaus ist weißer alls das Weiß der Schwäne. Doch das sehen nur Vögel, denn sie sehen mehr als Menschen. Er hat vier oder gar fünf verschiedene Farbsehzellen. Erst wenn alle gleich erregt werden, sehen sie weiß.
Das Schwanenweiß erregt nur drei Farbsinneszellen. Dies genügt für den Menschen. Doch das UV fehlt, und dies sehen Vögel. Nur große Vögel haben diesen UV-Sinn nicht.
Forscher untersuchten, ob Federn neben Farbsignalen auch im UV-Bereich Muster aufweisen. Die Suche wurde schwerer als erwartet. Er wußte, wo er zu suchen hatte, denn das menschliche Auge interpretierte reines UV als Schwarz. Das UV in reiner Form dürfte man also vor allem bei schwarzen Feder entdecken. Doch dies war meist nicht so. Dem Forscher fiel ein schwarzer Papagei auf. Sind sie sonst nicht knallbunt? Tatsächlich fand er beim Schwarzlori das reine UV. Viel häufiger jedoch tritt das UV mit andere Farben auf. UV kann sich mit Grün, Rot und Blau mischen. Dadurch ergeben sich neue Mischfarben.
Dadurch ergeben sich ganz andere "Vogelbilder". Das Rotkehlchen hat eine rote Brust ohne UV, doch schon der männliche Dompfaff ist für Vögel schon nicht mehr ganz rot, es ist mit UV gemischt, was "Vogelpurpur" genannt wird. Blaue Federn haben fast immer einen UV-Anteil. Es kann passieren, daß die blaue Farbe nur ein winziges Anhängsel ist eines großen UV-Reflexionsgipfels, z.B. beim Elfenlauvogel.
Auch bei grünen Feder gibt es Überlagerungen, doch nur, wen das Grün physikalisch durch Überlagerung entsteht. Beim Grün des Grünlings ist kein UV dabei, die Farbe hat chemische Ursachen.
Aber noch andere Dinge fallen auf. Für viele Beeren und Früchte ist es gut, wenn sie ins Auge fallen, damit sich ihre Kerne möglichst gut verbreiten. Zwetschgen, Weintrauben und Wacholderbeeren haben daher eine Wachsschicht mit UV-Reflexion.
Erst 1991 wurde entdeckt, daß auch manche Säuger UV sehen können, nämlich ausgerechnet die bestuntersuchtesten Tiere, die Ratten.

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14. Ein Greif jagt im Dunkeln:
Nachts jagen Eulen. Ein Sturzflug eines Falken kann nur ungenau sein. Es gibt aber einen Falken, der nachts jagt. Der Gerfalken, wohnhaft weit nördlich des Polarkreises, hält in der Polarnacht seine Stellung, als einziger Greif überhaupt. Andere arktische Greife fliegen in den Süden.
Warum kann der Gerfalk das wagen? Er vermag auch in der Nacht zu sehen. Seine 160 km/h schnellen Manöver treffen auch dann ins buchstäblich Schwarze. Es hilft ihm dabei die Reflexion des Mondes oder des Schnees.
Doch die Umstände sind doch so widrig. Die Schneehühner als Hauptbeute sind im Winter selten und auch gut getarnt.
Doch ihr Risiko wird belohnt, wenn sie den Winter überstanden haben. Da Männchen und Weibchen zusammengeblieben sind, sind sie gleich zu zweit am richtigen Brutplatz und können ihn als Erstbesitzer gegen Konkurrenz verteidigen.
Die Widersacher dagegen kommen nur einzeln und haben im Anflug meist die schlechteren Chancen. Meist genügt ein Sturzflug, und der Neuling muß sich im Flug auf den Rücken drehen und mit seinen Fängen nach oben wehren. Das Weibchen muß dann nur noch eingreifen, um den Status Quo zu sichern.
Es ist eine Art Monordpoly-Spiel, gute Grundstücke sind rar. Außerdem nützt es den Falken, wenn sie ihr Revier vom Vorjahr kennen. Sie leben in fester Einehe. Ein Gerfalke von 1,5 kg Gewicht kann in seinem Felsenkliff mit 150 g Fett bis zu zwei Wochen ohne Nahrung überleben. Selbst Schneestürme machen ihm dann nichts aus.
Das sommerliche Gegenstück zum Gerfalken ist der Lannerfalke. Er lebt in der Sahara und bleibt dort ständig auf dem Posten. Niemand weiß, wovon er lebt, wenn gerade keine Zugvögel durchkommen.
Es mag wie Ironie vorkommen, daß das Leben des Gerfalken vom Schneehuhn diktiert wird. Es muß seinen Lebensrhythmus seiner Beute anpassen. Seine Jungen müssen genau dann schlüpfen, wenn auch die Schneehuhnkücken schlüpfen. Und nur ein starker Schneehuhnjahrgang erlaubt ein gutes Gerfalkenjahr.

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15. Höhepunkte des Nestbaus:
Die Gartengrasmücke zieht es zum Nestbau zuweilen hoch in die Alpen. Wie der Name sagt, ist er eigentlich kein Gebirgsvogel. Damit machen sie sich nur das Leben schwer, da ihre Körper nicht an die Rauheit des Bergwetters angepaßt sind. Doch die Flachländer bauen plötzlich ganz andere Nester als im Tal! Die Nester in den Bergen wiegen fast doppelt so viel, selbst wenn 5 cm Schnee liegt, bringen sie ihre Jungen durch. Sie brüten rasch hintereinander. Ein Rekordweibchen zog in 2 Jahren an diesem widrigen Ort 18 Junge groß.
Auch vom Strandpieper gibt es eine Abart, die auch Bergpieper genannt wird. Und das zu Recht, denn sie sind die einzigen, die es schaffen, auf der alpinen Grasheide zu brüten. Das Wasserpieperweibchen erobert dieses Biotop, indem es probebrütet. Obwohl der kurze Bergsommer nicht viel Zeit läßt, probiert es viele Schlupflöcher aus. Bis zu drei Wochen hockt es ohne Eier in hoffnungsvollen Winkeln, bevor es sich für einen Ort entscheidet.

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16. Unser Klima in anderen Umständen: Insektenvermehrung:
Immer häufiger treten Massenplagen von Insekten oder anderen Tieren auf. An der Ostseeküste traten ganze Wolken von Marienkäfern auf. Die Ursache: fehlender Winter mit längerer Trockenheit. Damit werden Blattläuse zur ersten Insektenwelle, darauf folgen Marienkäfer, die die Blattläuse fressen.
Was das Klima aufheizt, heizt die Insekten an. So auch im Wald. Hektarweise dient der kranke Wald der Fichtenkotsack-Gesprinstblattwespe als schnellverdautes Fast-Food.
Früher lebte die Wespe nur in Mittelgebirgen. Heute kommt sie auch im Sachsenwald vor. Eine Reihe warmtrockener Sommer und Abgase tun ihres, um den Schädlingen den Boden zu breiten.
Waldschäden machen den Insekten den Lichthof. In Massen greifen sie die umgestüzten Bäume an. Für die Beseitigung der Bäume reichen normale Mittel nicht mehr aus, so daß die Bundeswehr ein neues Feindbild bekam, mit Panzern rückte man gegen die Wälder vor.
Wo der Wald stirbt, stirbt der Mensch. Klimaveränderungen ermöglichen ein neues Krankheitsbild in Europa. Die Anopheles-Mücke z.B. als Malariaüberträger kann hier nicht leben, doch ein geringer Klimawechsel würde es ihr ermöglichen.
Wie schnell sich Insekten in neuer Umgebung zurechtfindet, sieht man am nordamerikanischen "Superbug", der wie Superman unbesiegbar scheint. Es handelt sich um eine Fliege, die 1992 über 200 Mio. Dollar Schaden anrichtete. Das Tier stammt vermutlich aus dem Mittleren Osten, fiel dort aber nie unangenehm auf.
Interessanterweise hatte die zivilisierte Technologie dem Superbug ebensowenig entgegenzusetzen wie die Ägypter den biblischen Plagen. Der Superbug reduzierte die Ernte auf ein Zehntausenstel und weniger. Und dem Knirps scheint alles zu schmecken, über 500 Nutzpflanzen vermag er zu verdauen, dabei frißt er meist die ganze Pflanze. Es wäre nicht der abwegigste Vorschlag, den ganzen Anbau ein Jahr ruhen zu lassen.

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17. Die unerträgliche Leichtigkeit des Biohackens:
Biohacker - ein Wahnsinn mit Zukunft. Biohacken ist gar zu einfach und kurzweilig. Gefährlich ist es auch heute schon, aber der bevorstehende Durchbruch der Gentechnik wird für Hacker neue Dimensionen schaffen.
Biohacker sind Leute, die als Hobby fremde Geninformationen verändern.
Harmlos ist das nicht. Schon heute genügt ein einfacher Eingriff in das Bekterium Yersinia pseudotuberculosis, und es wird zu Yersinia pestis. Der Zusatz "pseudo" entfällt zu Recht, es ist ein Pestbakterium.
Auch manche Hobbygärtner kann zum Biohacker werden. 1983 wurde die Schrotflinte für Genschützen erfunden. Erbsubstanz wird mit Wolframpartikeln gemischt und in die Hülse einer Pistolenpatrone gefüllt. Dann wird sie durch eine Vorrichtung abgefeuert, so daß die DNS in Tausenden von neuen Pflanzenzellen landen. So kann aus einer Pflanze plötzlich ein ganzer Strauß wachsen. Anders als beim Jahrmarktschießen muß man nicht mal gut zielen, um eine Blume überreicht zu bekommen.
Es soll der Durchbruch kommen. Ehrgeizige Forscher geben Lehrbücher mit dem Titel: "Ihr seht Dinge und sagt Warum? Ich träume ungeahnte Dinge und sage Warum nicht?" (G.B.Shaw)
Zwei Schläge auf die Genpauke hatte dieses Jahrzehnt bereits erlebt. Die Polymerase Kettenreaktion PCR wurde erfunden, die Dinge ermöglichte, von denen bisher nur geträumt wurde. Sie kombiniert die Zielsuch-Fähigkeit eines Bluthundes mit der Vermehrungsfähigkeit eines Kaninchens. Man kann damit DNS-Stücke, die bislang verborgen waren, so stark vermehren, daß sie entzifferbar werden.
Die zweite Entdeckung zeigte, daß jedermann ohne Umstände Gene übertragen kann. Es wurden Gene in einen Mäusemuskel überführt, indem man einfach nur mit einer Spritze hineingestochen hatte. Die Gene fanden ihren Platz von selbst.
Der Lohn der Biohacker ist ideell. Dabeisein ist alles. Sie können tun, was bislang der Genesis vorbehalten war. Als Genforscher Sylvan Katz eine Umfrage machte, meinte nur einer, es gäbe noch keine Biohacker: der Behördenvertreter. Er hatte offenbar blitzartig erkannt, daß die Bekämpfung von Biohackern unlösbare Verwaltungsprobleme schaffen würde.

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18. Millionen-Rückerstattung an die Flußperlmuschel:
Aus deutschen Flüssen wurden einst Hunderttausende von Perlen aus Muscheln gewonnen. Heutzutage wird dieser Reichtum an die Muscheln zurückerstattet, da sie den Bach hinuntergehen zu drohen. Mit Millionenaufwand wird versucht, die letzten Rest-vorkommen zu erhalten. Eine Kette aus Perlen, die man ihnen noch entnehmen könnte, würde wohl kaum um einen Hals passen.
Aber neben der Flußperlmuschel kommt auch keine andere Süßwassermuschel zur Entfaltung. Die einzige auf Erfolgkurs ist die Wandermuschel. Weniger erfolgreich ist zur Zeit der Trickreichtum, mit dem die alteingesessenen Süßwassermuscheln sich zu verbreiten suchten. Sie stoßen Wolken von parasitischen Larven aus, di auf Gedeih und Verderb auf bestimmte Fische angewiesen sind. Es muß bei der Flußperlmuschel eine Bachforelle sein, keine andere. Die Larven setzen sich in den Kiemen fest und halten 10 Monate fest zu ihrem Wirt. Als Jungmuscheln fallen sie ab und setzen sich am Boden fest. Von ursprünglicher Milliarde Larven schaffen es nur 10 bis hierher.
Das ist nicht leicht. Zwar übertrifft sie andere Muscheln mit über 4 Mio. Larven pro Jahr, und lebt auch bis 70 Jahre, um ihren Teil zur Milliarde beizutragen. Früher lagen sie auch sogar in drei Schichten auf den Bachböden. Heute wachsen allenfalls die Schwierigkeiten. Das liegt nicht nur an der Abhängigkeit von bedrohten Fischen.
Kritischster Punkt ist die Zeit, in der eine Jungmuschel Fuß faßt. Hierfür muß nicht nur das Gewässer sauber sein, es kommt auch auf den richtige Boden an. Die starke Landwirtschaftsdüngung führt zu einer Decke aus organischen Ablagerungen, unter denen eine Jungmuschel nicht leben kann. Deshalb sind die Muscheln auch dort bedroht, wo sie häufig sind, so paradox es zu klingen scheint. Denn es fehlen die jüngeren Muschelgenerationen. Nicht selten fehlen die jünsten zehn bis zwanzig Jahrgänge komplett.
Am gefährdetsten ist die Flußperlmuschel. Die Bachmuschel ebenfalls, dann kommt die Malermuschel, dann die Flache Teichmuschel und schließlich die Gemeine Teichmuschel.
Eine Lösung in der Änderung der Produktionsmethoden der Landwirtschaft ist sehr komplex. Eine Entkrautung der Bäche ist wegen der Entsandung kritsch, abraten will man aber auch nicht davon.

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19. Leihmütter im Zoo:
Ein Pferd windet sich in Geburtswehen - und gebiert ein Steppenzebra. Dieses amerikanische Ereignis steht nicht allein da. In aller Welt werden solche Leihmütter modern, Schafe bekommen Mufflon-Kinder, Hausrinder kommen mit Gauren oder mit Bantengs nieder, Hauspferde gebären Przewalskipferde und Elenantilopen werden von Bongos geschwängert.
Das nennt sich Artenschutz, eine der letzten Waffen im Kampf gegen das Aussterben von Tierarten. Tierbaby werden ihrer Pflegemutter als fertiges Embryo eingesetzt. So soll eine bedrohte Art möglichst viele Nachkommen haben. Die wenigen Weibchen werden als Kinderquell genutzt, sie sollen keine Zeit mit dem Austragen der Embryos verschwenden, sondern rasch neue Kinder empfangen können.
Als Gipfel gibt es die sogenannte hormonelle Superovulation. Hier können nach nur einer Befruchtung eines Muttertiers mehr Embryos heranreifen als normalerweise in ihrem ganzen Leben.
Zahlreiche Tiere gibt es nur noch im Zoo. Z.B. das Przewalskipferd, aber auch der Davidshirsch. Da greift man in der Not über natürliche Grenzen, nicht nur über Arten, sondern über Gattungen hinweg, und so gebären Schafe Mufflons.
Und nun soll das Mufflon-Kind von dem Schaf ins Leben eingeführt werden. Wird es nun zum Schaf erzogen? Ein Säuger-Zögling hält sich oft für das Tier, das ihn aufgezogen hat. Es läßt Böses ahnen, wenn selbst Affen sich für Hunde halten, nur weil sie mit ihnen aufgewachsen sind.
Doch die Jungtiere müssen nur schnell genug zu ihren Artgenossen zurück, dann können sie zu ihrem Verhalten zurückfinden. Doch dem steht oft eine enge Bindung zur Pflegemutter im Wege.
Was nützt die Nachzüchtung, wenn sie nur den Körper eines Tieres reproduziert. Es ist ein Lebewesen, also muß auch das Wesen des Tieres erhalten werden.
Ist eine Art ausgestorben, ist seine Seinsweise untergegangen. Wie beim Auerochsen kann zwar das Äußere nachgezüchtet werden, seine Lebensführung aber nicht.
Trotzdem ist die Embryoverpflanzung wichtig. Im San Diegoer Zoo wurde bereits eine Embryonen-Bank eingerichtet. Seltene Tiere sollen dort eingeführt werden, wo sie längst ausgestorben sind.
Doch selbst diese Aktionen helfen nur den Tieren, die Verwandte im Tierreich haben. Für Panda, Koala, Gorilla und Geparden kommen keine Leihmütter in Frage. Für den Sibirischen Tiger hingegen hat man bereits den Löwen auserkoren, der sich in Zoos ohnehin gut fortpflanzt.

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20. Die 5 Härtefälle im deutschen Vogelschutz:
Es gibt Arten, die sind in Deutschland ausgestorben, was aber nicht weiter schlimm ist, weil z.B. weiter im Osten der Weißstorch noch zu Hunderttausenden vorkommt.
Doch es gibt auch Arten, die nirgendwo mehr häufig sind. Jedes Land, in denen solche Arten vorkommen, hat eine besondere Verantwortung für sie. Deutschland hat fünf davon.
Wachtelkönig, Großtrappe, Seggenrohrsänger, Seeadler, Rotmilan sitzen auf der Anklagebank, ob sie zum Aussterben verurteilt werden, steht noch offen.
Der Fall Wachtelkönig zeigt die Probleme zwischenstaatlichen Zusammenwirkens. Es ist eine Ralle, keine Wachtel, und mit Königen hat sie wenig zu tun, deshalb wird eine Umbenennung in Wiesenralle empfohlen. Er hat sich an das Landleben angepaßt und überwintert 7000 km entfernt in Afrika. Wegen ihrer Lebensweise sind sie schwierig zu zählen. Daher sind anhand der Rufe nur die Männchen auszumachen. Polen und Ungarn besitzen mit mehreren Tausend die größten Vorkommen. In Deutschland sind es 1000, und es werden immer weniger. Sie kommen in 52 Ländern vor. Es nahmen jedoch nur sieben Länder an den Workshops teil, der zu ihrem Schutz abgehalten wurde. Doch auch unter diesen sieben herrschte Uneinigkeit. Der Wachtelkönig ist kaum erforscht. Der Grund des Rückgangs aber ist bekannt: die Wiesenwirtschaft. Sogar auf Wiesenschutz-Gebieten sind sie bedroht, da sie extrem spät brüten und mit dem Mähen oft nicht auf sie gewartet wird.
Das zweite Problem ist die Großtrappe. Die Männchen erreichen mit 22 kg Gewichte wie ein Rehbock. Zwar konnte er sich gut anpassen, doch die moderne Landwirtschaft ist zu intensiv geworden. In Ostdeutschland leben 500 Vögel, in 18 anderen Staaten hat Spanien mit 5-8000 Vögeln die meisten.
Dramatischer ist die Lage beim Seggenrohrsängers, der mit seinem Biotop ausstirbt. In Deutschland gibt es gerade 100 Vögel, neben 4 weiteren Ländern, d.h. Östereich, Ungarn, Polen und ehem. GUS. In Östereich gibt es am meisten (3000).
Der Rotmilan ist zwar mit 10.000 noch gut in Deutschland vertreten, doch dies ist weltweit das Hauptvorkommen. In anderen Ländern gibt es ihn kaum noch, bis auf Frankreich mit 5.000.
Auch die Situation des Seeadlers ist bedrohlich. Obwohl Deutschland nur 150 Brutpaare besitzt, hat es den drittgrößten Bestand der Europas. Insgesamt gibt es weltweit wenige tausend, die durch Umweltgift bedroht werden. Übrigens sitzen sämtliche Bundestagssitzungen im Zeichen dieser bedrohten Tierart, der Wappenvogel Deutschlands ist der Seeadler.

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21. Männchen übernehmen Babys
Berberaffen sind anders. Bei ihnen kümmern sich die Männchen viel intensiver um die Babys als die Weibchen. Ähnliches gibt es bei Affen nicht. Dieser Rollentausch ist angeboren, und in Wildnis wie auch in Zoos zu beobachten.
Die gefährdete Art lebt mit 20.000 Tieren in den Gebirgswäldern Algeriens, Marokkos und des Mittleres Atlas und sind die einzigen europäischen Affen, zuhause in Gibraltar. Am Bodensee leben über 100 von ihnen im Tierpark Salem.
Dort ist der Affenkundler Andreas Paul den männlichen Babysittern nähergekommen. Er erklärte, die Kinderliebe sei keine Vaterliebe! Das sollte man doch annehmen, schließlich kümmert sich ein Männchen stets nur um ein bis zwei Babys. Andere Affen wissen sogar, welcher Kollege welches Kind verwöhnt. Sie nehmen dann dieses Kind und bringen es freundschaftlich ihrem Mitstreiter an der Eiapopeia-Front.
Trotzdem ist diese Bindung genetisch rein zufällig, Väter bevorzugen nicht ihre Söhne oder Töchter. Die Weibchen nehmen dagegen konsequent die eigenen Kinder zur Brust.
Kann das Männchen sein Kind nicht erkennen? Doch sogar Menschen gelingt es fast immer, rein nach äußerlichen Merkmalen, also ohne genetischen Test, ein Baby seinem Vater zuzuordnen.
Väterliche Fürsorge ist also nicht im Spiel. Doch Affenkinder könnten Primat der Politik sein. Auch menschliche Politiker schwenken Kinder. Und wenn zwei sich fremde Menschen Kontakt aufnehmen, machen sie sich oft "klein", dadurch wirken sie weniger bedrohlich und kommen schneller ins Gespräch.
Auch bei Berberaffen wird mit dem Kind am Manne das Kind im Manne geweckt. Ein Kinderinhaber geht auf ein Männchen ohne Kind zu, sie beginnen zu schmatzen, mit den Zähnen zu klappern und sich und dem Jungtier das Fell zu graulen. Seltener machen das Weibhcen mit ihren Babys, und noch seltener ein Männchen mit einem Weibchen.
So geht es in der Gruppe friedlicher zu. Sind keine Babys verfügbar, herrscht meist Spannung zwischen den Männchen, es kann leicht zu Kämpfen kommen.
Für die Kleinen bedeutet diese Rolle als suggestive Einwickel-Kinder keinen Gewinn. Einige verhungern sogar, wenn sie zu ausgiebig "betreut" werden.

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22. Kaninchen-Unruhen:
Unter welchem Umweltstreß leidet ein Kaninchen am stärksten?
Klaus Eisermann untersuchte die Körperwerte freilebender Kaninchen. Er entdeckte, daß Kaninchen gegenüber ihren Todfeinden am nervenstärksten sind und sich kaum aufregen, sondern sich z.B. die Zeiten merkt, zu denen ein Marder umgeht, und seinen eigenen Ausgang auf eine andere Zeit verlegt, da Marder Gewohnheitstiere sind.
Selbst in Hungerzeiten hüpfen sie nicht aufgeregt hin und her, sondern entspannen sich wie Hungerkünstler. Mit niedrigem Herzschlag warten sie auf bessere Zeiten.
Kaninchen sind sehr wetterfühlig und werden durch Umschläge oft heftig durcheinandergebracht. Interessanterweise haben sie zu denselben Zeiten, da bei Menschen die Notarzteinsätze enorm ansteigen, ebenfalls einen gestörten Kreislauf!
Doch Wetterkapriolen sind schnell vergessen, selbst nach einem Kampf mit einem Marder, den man nur noch mit Bißwunden überlebt hat, schlägt das Kaninchenherz bald wieder normal.
Wo aber der soziale Streß zuschlägt, wird so bald kein Gras mehr froh gemümmelt.
Kaninchen leben in großen Gruppen. Darin genügt allein die Gegenwart des ranghöchsten Tieres, um die Herzen der rangniedrigeren Tiere tagelang schneller schlagen zu lassen. Obwohl sie nur immer dem Stärkeren den Vortritt lassen müssen und von ihm nicht gequält werden, können sie im Extremfall an "Minderwertigkeitskomplexen" sterben. Selbst wenn man ein rangniedriges Tier aus der Gruppe nimmt und allein hält, braucht das Herz Wochen, um sich zu beruhigen.
Trotz diesem Streß kann kein Kaninchen alleine leben. Jedes Tier, das isoliert gehalten wurde, versuchte über den Zaun zu springen, um in den Streß der Gruppe zurückzugelangen. Diese Versuche enden erst, wenn ein zweites Kaninchen zu dem ersten gesetzt wird. Die nicht dauerhaften Paarbeziehungen sind oft sehr harmonisch, so holen sie sich gegenseitig am Kaninchenbau ab, um zusammen fressen zu gehen.
Die überraschendste Harmonie findet man beim Verlassen des Baus. Der Schritt ins Freie kostet einem Kaninchen immer etwas Selbstüberwindung. Kaninchenpaare überwinden diese Schwellenangst oft zusammen. Dabei machen die Herzen von Männchen und Weibchen exakt zur selben Zeit einen Sprung!

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23. Mißhandelter Nachwuchs:
Männliche Mähnenrobben haben mitunter eine schlechte Angewohnheit: sie entführen andere junge Robben. Sie dringen von außen in die Kolonie ein, packen ein Junges mit den Zähnen und nehmen es mit. An einem sicheren Platz wird das Junge dann gebissen und durch die Luft geschleudert.
Jedes fünfte Mähnenrobbenbaby wird verschleppt. Auf Punta Norte in Argentinien ereigneten sich auf dem Felsstrand, auf dem jährlich 400 Junge bei 450 Alttieren aufwachsen, 285 Fälle von Kindesraub. In 43 % der Fälle blieb es beim Versuch, wenn der Räuber noch unerfahren ist.
Trotzdem ist dies ein großer Aderlaß für die Kolonie. Die Entführung dauert zwar selten länger als zwei Stunden, doch jedes zwanzigste Junge kommt dabei um. In 19 Fällen wurden sie auf Schwimmausflüge mitgenommen, wovon nur 9 zurückkehrten.
Andere Robbenarten zeigen übrigens ähnliches Verhalten, z.B. die Australischen Seelöwen. Der Auckland-Seelöwe mißbraucht Jungtiere sexuell, Nördliche Seebären werfen im Disput um Revierbesitz mit Babys. Auch Nördliche und Südliche See-Elefanten verletzen Jungtiere.
Die männlichen Mähnenrobben gehen mit den Weibchen ebenso um wie mit den Jungen. Sie halten sich Harems von bis zu 10 Weibchen. Kleinere Gruppen von jüngeren Männchen stürmen solche Harems und entführen Weibchen, dabei findet eine Umverteilung der Weibchen statt, wobei der stärkste Bulle am besten abschneidet.
Es kommt zwar Kindstötung im Tierreich vor, wenn die Möglichkeit besteht, daß das Männchen das darauf erneut trächtig werdende Weibchen zu schwängern. Doch dies ist bei den Mähnenrobben nicht der Fall.
Durchsetzen kann sich dieser Trieb wohl aufgrund des wenig trauten Ehesystems der Kolonie. Dem Haremspascha gehören die Kinder seiner Weibchen in der Regel nicht, denn sie wurden im Vorjahr gezeugt. Daher verteidigt er sie nicht.
Auch die Weibchen zeigen keine Gegenwehr. In nur 2 der 285 Fällen lief das Weibchen hinter dem Entführer her. Vermutlich können sie ihr Junges nur am Geruch erkennen und wissen im Getümmel nicht, ob es tatsächlich ihr Kind ist, das entführt wird.

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24. Schimpanse erhält Medaille:
Der Schimpanse Kanzi ist der erste Träger einer Wissenschaftlichen Auszeichnung, die das Center for research into the Anthro-pological Foundations of Technology gestiftet hat. Ihm gelang es, ein Steinwerkzeug nach Art der Frühmenschen herzustellen!
Psychologin Sue Savage-Rumbaugh arbeitet schon zehn Jahre mit Kanzi am Spracherwerb, Archäologe Nicholas Toth fördert Kanzis handwerkliche Fähigkeiten.
Erst zersplitterte Kanzi einen Stein, um einen spitzen Splitter zu erhalten. Bald darauf war er der erste Affe, der ein Werkzgu zur Herstellung eines anderes Werkzeugs gebrauchte. Er nutzte einen Hammerstein und bearbeitete einen anderen Stein.
Jetzt soll Kanzi die nächste Sensation herbeiführen: er soll im Freigehege anderen Schimpansen diese Fähigkeit weitervermitteln.

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25. Wenn Delphine Pakte schließen:
Im Westen Australiens vollführen Delphine aus eigenem Antrieb Kunststücke, die in jedem Delphinarium ein Hit wären.
In einer Sprungfigur rast ein Delphin in schneller Fahrt unberrechenbar umher, während sich von vorn und hinten je ein Delphin mit rasender Geschwindigkeit ihm nähern. Die beiden Delphine erreichen das wendige Hinderniss zur gleichen Zeit und springen aus dem Wasser. Während sie aneinander vorbeifliegen, meckerrn sie sich zu.
Auch im offenen Meer gibt es dafür einen Lohn. Richard Connor beobachtete, daß die Springer immer zwei Männchen waren, die über ein Weibchen sprangen. Mitunter imponierten ihr sogar drei Delphine auf diese Weise.
Connor erkannte, daß diese "Teams" jahrelang in enger Bindung leben. Die Cliquen bilden miteinander ein wildes Hin und Her aus Allianzen und Oppositionen, die Verhältnisse können sich von einem Tag zum anderen ändern. Koalition nennt der Forscher, wenn sich zwei Delphingruppen eine Interessengemeinschaft bilden. So können sich plötzlich Delphingruppen zu fünft bilden. Sie schwimmen in enger Formation genau parallel auf ein gemeinsames Ziel zu. Dabei geht es tatsächlich um Kampf. Denn sie schwimmen auf eine andere Gruppe zu und bezwingen sie in Sekundenschnelle.
Das Getümmel der Tümmler dreht sich um Weibchen. Die überrumpelten Gruppen haben nämlich ein Weibchen, dem es nicht gestattet wird, davonzuschwimmen. Nach dem Überfall schwimmt dieses mit der Koalition weiter. Zwar gibt es keine Harems (auf drei Männchen kommt ein Weibchen), auch sexuelle Handlungen können nicht erzwungen werden, das Weibchen kann sich mühelos der Paarung entziehen. Die Belästigungen können bis 13 Tage dauern, selbst wenn das Weibchen zu fliehen versucht, wird sie eingeholt und notfalls geknufft und gerempelt.
Die Auseinandersetzungen zwischen Cliquen können sehr kraftraubend sein. Treffen zwei auf zwei, kann das Gefecht 70 min lang und über 5 Meilen weit gehen. Um sich davor zu bewahren, sind gute Bündnisse nützlich. Es gibt jedoch keine Parteien, die dauerhaft verfeindet sind. Immer wenn die Delphine zur Jagd auf die hohe See schwimmen, müssen sie ihre Streitigkeiten beilegen. Im beobachteten Beispiel erkundete das Trio A das Trio B. Am nächsten Tag verbündete sich Trio A mit Duo C und griff Trio B an und siegte natürlich. Doch schon einen Tag später tat sich Trio B mit den Gegnern vom Vortag, dem Duo C, zusammen und fiel über eine ganz andere Gruppe her.
Man kann erstaunliche politische Fähigkeiten des Duos C vermuten. Sie gleichen ihre Schwäche als Duo aus, indem sie sich zur rechten Zeit dem rechten Trio als Bündnispartner anbieten.
Bei soviel Intelligenz fragt man sich: wann kommen die Weibchenbündnisse, die das Frauenrecht erkämpfen?

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26 Ungenutzter Zeigefinger:
Ein interessanter Unterschied zwischen Affe und Mensch: ein Baby, etwa ein Jahr alt, sieht eine Flasche auf dem Sims und möchte es haben. Es tut etwas, was es mit sechs Monaten noch nicht konnte: es zeigt mit dem Finger nach der Flasche, um sie zu bekommen. Affen können dies nicht!
Im Versuch wurde ein Rhesusaffe vor zwei Schubladen gesetzt. Der Affe wußte, daß in einer Schublade das Futter lag, aber er wußte nicht, in welcher. Der menschliche Helfer trat dazu und zeigte deutlich auf das Fach, in dem das Futter war. Dann durfte der Affe an die Schubladen. Und auch nach hundert Versuchen hatte er immer noch nicht den Fingerzeig des Helfers begriffen! Er wählte immer noch auf gut Glück.
Erst nach langem Training lernten die Affen es und nutzten es auch aus eigenem Antrieb, indem sie auf etwas zeigten, daß sie haben wollten. Doch selbst dann deuteten sie mit der ganzen Hand, nicht mit einem Finger.
Wenn sie es also können, warum benutzen sie es in der Natur nicht? Oft muß dort eine Richtung gezeigt werden.
Eine Gruppe Mantelpaviane in Äthiopien schlafen auf einem großen Felsen, der meilenweit vom nächsten Freßplatz entfernt ist. Die Horde muß sich einigen, in welche Richtung sich der Marsch am besten lohnt. Zeigen sie mit dem Arm die Richtung?
Doch statt zu zeigen, hüpfen sie in die Richtung, die sie vorschlagen. Wenn genügend Tiere in eine Richtung hopsen, geht es los.
Auch Schimpansen und Gorillas zeigen nie. Das kann daran liegen, daß sie Vierbeiner sind. Sie zeigen mit dem Körper automatisch in eine Richtung. Wenn sie zeigen, dann richten sie ihren ganzen Körper danach aus.
Doch es gibt eine sehr elaborierte Zeichensprache bei den Bonobos, den Zwergschimpansen. Ihre Hände vollführen symbolische Bewegungen. Damit stellt der Affe meist eine Tätigkeit dar, was den Eindruck eines Puppenspiels macht. Meist wird die Fingerchiffre zur Abstimmung mit ihrem Partner im Sexualleben gebraucht, drückt aber auch Wünsche aus und spielt soziale Konstellationen durch.
Ob dies zur Neubetrachtung des Deckengemäldes in der Sixtinischen Kapelle führen könnte? Dort berührt Gott mit dem Zeigefinger den Zeigefinger Adams, um den göttlichen Funken überspringen zu lassen. Es fragt sich, ob der Mensch, der den göttlichen Funken noch nicht inne hat, überhaupt den Zeigefinger ausstrecken würde?

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27. Tiger, wie man sie nicht kennt:
Im Ranthambhore-Park in Indien benehmen sich Tiger ungewohnt. Nichts Ungewöhnliches ist es, wenn ein Tiger vergeblich versucht, eine große Beute in ein Versteck zu zerren. Versucht jedoch ein zweiter Tiger zu helfen, indem er den anderen am Schwanz zieht, wird es originell. Kommt gar ein dritter und verlängert die Kette, so ist dies zirksreif. In diesem Fall handelte es sich um ein Mutter mit zwei Kindern. Normalerweise ziehen Tiger an einer großen Beute grundsätzlich in verschiedene Richtungen, weil ieder die Beute für sich haben möchte.
Selbst in diesem Fall kommt es zu unkonventionellen Handlungen. So beschloß einer der zwei Tiger, die sich um einen Hirsch stritten, sich auf das Beutetier zu setzen, um es zu blockieren. Das erzürnte den anderen, und er schleifte unter großem Kraftaufwand den Hirsch samt dem darauf sitzenden Tiger davon.
In diesem Nationalpark leben Sambarhirsche, die vorwiegend im Wasser leben, wo sie sich von Wasserpflanzen ernähren. Selbst die Rivalenkämpfe fallen unter die Sparte Wassersport.
Normalerweise jagt der Tiger an Land. Doch 1983 entdeckte ein Tiger seine aquanautische Ader. Er preschte ins Wasser und erzielte dank guter Schwimmfähigkeiten eine Erfolgsquote von 1:5, höher als an Land. Als dieser Tiger verschwand, führte ein Weibchen sein Werk fort, das diese Jagdmethode nachahmte. Die Krokodile schrecken den Tiger nicht. Ein Sambarhirsch, der von etwa zwanzig der Echsen erlegt und umlagert war, erregte die Aufmerksamkeit der Tigerin, die ohne Zögern ins Wasser preschte. Das bloße Auftreten verscheuchte die Krokodile.
Nach dem Beobachtungen im Park fällt ein gesunder Tiger nie ein Mensch an. Trotzdem gab ein Opfer. Ein Tiger wurde durch den Vorbeimarsch von 20.000 Pilgern an der gewohnten Überquerung einer Straße gehindert. Er wollte sich bei seinem Angriff wohl nur eine Lücke schaffen, denn anschließend fiel er nie wieder einen Menschen an.
Männliche Tiger leben immer alleine, Junge wachsen bei der Mutter auf. Doch im Nationalpark kann man seltene väterliche Gefühle beobachten. Ein Vater gesellte sich zu den Jungen und spielte mit ihnen. Es muß der Vater gewesen sein, denn fremden Tigern begegnet die Mutter meist in der im Zirkus so geschätzten aufrechten Haltung, und der Fremde gelangt allenfalls als Frischfleisch zu den Jungen.

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28. Schützlinge außer Kontrolle:
Zwischen 1973 und 1990 gab es > 70 internationale Großprojekte zur Umsiedlung bedrohter Tierarten. Jedes zweite schlug fehl.
Auf San Nicolas Island vor Los Angeles sollten Fischottern mit 62 Genossen ein Satellitenvolk gründen, denn in ihrer ursprünglichen Heimat verläuft eine Tankerlinie mit mehr als 16 Milliarden Liter Öl. Bevor erst eine Katasrophe passieren kann, soll eine neue Heimat geschaffen werden. Doch auf der neuen Insel entwickelten die Otter erst einmal einen ungeahnten Apettit und fraßen den Muschelfischern den Fang weg. Danach verschwanden sie und überließen den 300.000 Dollar-Schaden den Naturschützern. Die Seeotter verblüffte die Biologen mit einem Langstreckenreckord von 200 Seemeilen schnurstracks in die alte Heimat.
Der Uhu wurde hierzulande bereits im letzten Jahrhundert ausgerottet, weil er angeblich zuviel Schaden unter dem Wild anrichtete. Doch in Menschenhand wachsen soviele auf, daß jährlich 200 Junge zur Wiedereinbürgerung bereitstehen. Doch sämtliche Versuche vor dem zweiten Weltkrieg schlugen fehl. Dann kam Licht in das Geheimnis. Ein besonders kräftiger Uhu bekam ein ideales Uhu-Grundstück angeboten. Doch am nächsten Tag war er verschwunden. Vier Monate später kam wieder ein Lebenszeichen von ihm. 56 Kilometer entfernt wurde er in einem völlig Uhu-ungeeigneten Gebiet gefunden, völlig erschöpft.
Wenn ein junger Uhu zum erstenmal unabhänigig fliegen kann, so sucht er sein Glück in der Ferne. Nichts ist schlimmer, als ihn dort auszusetzen, wo sein idealer Platz ist, denn von dort entfernt er sich ja gerade.
Außerdem sind Uhus wie alle Eulen nur begrenzt lernfähig. Ihre phänomenalen Jagdkünste müssen sie in den ersten zwei Lebensjahren erlernt haben. Dazu brauchen sie Trainer.
Wie Hohn wirkt, daß die Umsiedlung anderer Tiere fast wie von selbst geht, nämlich wenn Tiere zu Jagdzwecken ausgesetzt werden. Sie haben fast nie Umstellungprobleme, nur daß sie bald wieder abgeschossen werden.

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29. Die großen Sprünge der Vorstadt-Kuckucke:
4 Uhr morgens ist die Stunde des Kuckucks. Die Männchen rufen wie nie, die Weibchen kommen herbeigeflogen, um sich zu paaren. Sie treffen sich dort, wo sie später den Singvögeln ihre Eier unterschieben. Zwischen 4 und 5 Uhr muß der Kuckuck in seinem Gebiet sein. Vorstadt-Kuckucke machen aber eine Ausnahme. Er ruft um Viertel nach 4 in einem Stadtteil, zwanzig Minuten später schon fünf Kilometer entfernt im nächsten, wo er sich bei Rivalenkämpfen im Gras wälzt.
Doch auch sie sind nicht heimatlos. Sie suchen sich ihre Heimat aus mehreren Gebieten zusammen. 10 Hektar da, 30 Hektar dort, und an diesen beiden Plätzen ist er morgens auch zu finden.
Die Zahl der Kuckucke nimmt ab. Der Grund ist nicht genau klar.
Elf Vögel wurden mit Minisendern ausgestattet. Jeder führte die Beobachter in andere Gebiete, dabei ging die Wanderlust der Vögel weit über das Notwenige hinaus. Zwar findet ein Weibchen im Hamburger Eiablagegebeit nicht genug zu fressen, doch warum fliegt es darum nach Lüneburg, um wochenlang nur dort zu fressen? Und das ist kein Einzelfall. Die günstigen Kuckuckgebiete zwischen ihren Routen interessieren sie nicht. Die Landkuckucke dagegen sind recht ortstreu.
Besondere Aufmerksamkeit gilt einem entwaffnenden Wettrüsten. Die Kuckucke werden immer raffinierter, aber die Singvögel bauen eine immer bessere Abwehr auf.
Tatsache ist, daß ein Kuckuck sein Leben lang die gleichen Eier legt. Trotzdem gibt es verschiedene Eiformen und -farben, die jeweils zu bestimmten Singvogelarten passen.
Das zwingt seiner Opfer zu schärferen Qualitätskontrollen. Inzwischen sind viele Vögel sehr scharfsinnig und werfen auch täuschend ähnliche Eier aus dem Nest. Das dies tatsächlich erst durch Kuckucke entsteht, sieht man in kuckuckfreien Gebieten, wo die Singvögel problemlos überlistet werden können!

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30. Je oller, desto doller - Uralte, behinderte Tiere an der Macht:
"Nur der Stärkste überlebt, Alte und Schwache haben keine Chance und werden gefressen." Wer dies meint, dem sei eine Reise ans Tote Meer spendiert. Dort wird er den Babblervögeln begegnen.
Einer der Babbler heißt Mat-Mat. Er ist uralt, sehr schwach, hat ein kaputtes Bein - und ist unumstrittener Anführer eines Babbler-Clans von etwa 12 Mitgliedern. Jedes jüngere Männchen könnte ihm die Macht entreißen, mitsamt dem Spitzenweibchen.
Leben diese Vögel auf üppigen Wiesen im Überfluß, wo jedes Machtinteresse erlahmt? Weit gefehlt, sie leben in der Wüste und finden so wenig zu fressen, daß jedes unnütze Maul eine Last für die ganze Gruppe ist. Die ganze Gruppe kann nur ein Nest bauen, denn um auch nur zwei Jungen aufzupäppeln, müssen alle gemeinsam Insekten herbeischaffen.
Warum wird der schwächliche Chef nicht gefeuert? Prof. Amotz Zahavi kennt Mat-Mat seit der Geburt vor 14 Jahren, das entspräche einem 90-jährigen Menschen. Und dabei muß Mat-Mat oberster Heerführer sein, denn unter den Babbler-Clans herrscht ewiger Krieg. Die Wüste ist so karg, daß sich die Clans um jeden Wüstenmeter streiten.
Dabei geht es ums nackte Leben, denn verliert ein Clan sein Revier, irrt es heimatlos umher und geht bald zugrunde.
Es ertönen also immer wieder Pfiffe, auf die die Nachbarn in Schlachtordnung herbeikommen. Bei den Bodenangriffen ist Mat-Mat durch sein Bein behindert. Trotzdem folgen eine Genossen seinen Manövern. Was ist das Geheimnis?
Sie werden durch die Wüste zusammengeschweißt. Die Wüste läßt nur denen eine Chance, die zusammenhalten. Von frühester Jugend an machen sie Morgentänze und Putzfeste gemeinsam. So bildet sich eine Kameradschaft aus, die ihnen auch im Alter noch hilft.
Das weibliche Gegenstück des Mat-Mat ist Bloody Mary, eine einäugige Hyäne, die ihren Clan anführt, denn bei Hyänen herrschen die Frauen.
Hyänen müssen gut sehen können. Denn in Wahrheit sind sie nicht reine Aasfresser, sondern gehen oft auf Jagd, und das nachts bei schlechtem Licht. Doch auch bei Hyänen werden Verdienste für die Gruppe offenbar nicht vergessen.

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31. Biber lassen sich auf dem Festland nieder:
Nach dem 2.Weltkrieg schien das Ende des Elbebibers gekommen zu sein, er wurde gejagd und gehäutet. Doch ein winziges Häufchen überlebte in den Nebenflüssen Mulde und Schwarze Elster. Naturfreunde beobachteten aufmerksam die Geburt eines Bibers. Als erstes wird der Ehemann von der Frau vor die Tür gesetzt und muß in einem Erdloch außerhalb der Burg wohnen. Nach einigen Tagen erhält der Vater wieder Zutritt zur Burg, wo er sofort das Junge an sich nimmt und sein Fell krault. Schon kurz nach der Geburt stellt sich auch beim Baby die typische Biber-Putzsucht ein. Es putzt sogar noch gleich das Fell des Vaters mit!
Mittlerweile wurden 1990 600 Biber in Aussicht gestellt, heute sind es 2400 in 575 Ansiedlungen. In den Ballungszentren herrscht Wohnraummangel. Da Jungtiere von den Eltern irgendwann nicht mehr geduldet werden, wissen sie oft nicht, wohin. Oft setzten sich diese "Alleingelassenen" einfach auf's Dach der Elternburg und holen sich eine Lungenentzündung, was die häufigste Todesursache der Biber ist. (Sterberate 21 %)
Doch manche Biber wandern mit dem Hochwasser landeinwärts, und selbst wenn nach dem Hochwasser nur noch eine Pfütze übrigbleibt, bleiben sie. Es wird von einem Fall berichtet, in dem sich Biber an einer fast trockenen Stelle einen Swimmingpool von einem halben Hektar Größe bauten!
Die Biber haben Familiensinn. Gemeinsam wird die Wohnlandschaft gebastelt. Sie sind meist zu viert. Doch ab dem zweiten Lebensjahr erwacht das Fernweh im jungen Biber, mit dem nächsten Hochwasser geht es landeinwärts. Meist ist nach 25 km schon wieder Schluß, und eine neue Burg entsteht. Manche reisen rastlos weiter und erschließen neue Gebiete. Darunter sind ganz verschiedene Charaktere: manche nagen überhaupt nicht mehr Bäume um, andere benehmen sich beim Bäumefällen sehr daneben. So wurde ein sächsischer Bauer fast vom Schlag getroffen, als eines Morgens alle 30 Obstbäume, die im nächsten Jahr Früchte tragen sollten, flachlagen.
Doch die Biber sind der Bevölkerung sehr ans Herz gewachsen. Und es hätte auch wenig Sinn, sich gegen sie zu wehren: Ein Biberdamm wurde 15mal eingerissen und stand am nächsten Morgen immer wieder so, wie er es heute noch tut.
Eine zerstörte Umwelt scheint die Biber nicht zu beeindrucken. Der Giftdreck der Elbe macht ihnen seltsamerweise nichts aus. Man stellte sogar fest, daß an den schmutzigsten Stellen die meisten Biber vorkommen. Das heißt nicht, das Biber Schutz lieben!

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32. Aufprall mit Tempo 70:
Schon bald kehrt vielleicht der einzige Greifvogel nach Deutschland zurück, der eine "Wasserbombe" macht. Was im Schwimmbad kaum ein Athlet vom 10-m-Brett wagt, das riskiert der Adler aus 40 m Höhe. Erst scheint er einen Köpfer machen zu wollen, doch keine halbe Sekunde vor dem Aufprall reißt er die Fänge nach vorn. Sein Kopf ist immer noch vorgestreckt, wenn er in typischer Wasserbombenhaltung ins Wasser kracht und oft ganz darin verschwindet. Die Aufprallgeschwindigkeit von 70 km/h würde ein Mensch auch mit Sicherheitsgurten kaum überleben.
Im Gegensatz dazu bekommen Seeadler höchstens nasse Fänge.
Bisher brüteten nur in Ostdeutschland noch einige Fischadler, was sonst noch so zu sehen war, waren höchstens skandinawische Fischadler auf der Durchreise zur Sahara. Doch nun sollen sie zum Bleiben bewegt werden. Fischadler brauchen Klare Seen und "hervorragende" Bäume, im wörtlichen Sinne gemeint. Solche Bäume werden heute leider meist gefällt.
Die Sturzjagd ist auch für den Adler voller Überraschungen. Zuweilen fangen Fischer große Fische, an deren Rücken das Skelett eines Fischadlers hängt, der sich nicht rechtzeitig lösen konnte. Der Fischadler wiegt etwa 1,5 kg, und bei Beutefischen von 3 kg wird es heikel. In solchen Fällen kann es zum Kampf kommen. Der Adler breitet seine Flügel auf der Wasseroberfläche aus und kann nicht hinabgezogen werden. Doch der Fisch läßt sich auch nicht hinabziehen. Oft muß dann der Adler wellenreiten und wird im Kreis gezogen. Dann versucht er zu starten. Sogleich schlägt der Fisch mit dem Schwanz nach ihm. Einmal wurde ein Adler tatsächlich bis zum Kopf unter Wasser gezogen. Wenn der dritte Startversuch fehlschlägt, dann läßt der Adler meist den Fisch frei.
Wenn er erst in der Luft bemerkt, daß er sich übernommen hat, muß er auf komplizierte Weise seine gekrümmten Krallen wieder aus dem Fleisch bekommen. Was er dabei an Flugleistung vollbringt, ist gewaltig. Immerhin ist er völlig durchnäßt. Erst bei etwa 30 km/h schüttelt er das Wasser aus den Federn.
Ein solcher Draufgänger muß eine Gefahr für jeden Fischteich sein, dachte man. So wurde er vor über 100 Jahren in Westdeutschland ausgerottet. Dabei braucht er am Tag nur 400 g Fisch und faulenzt nach einem Fang stundenlang.

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33. Vier Affenaugen sehen mehr Farben als zwei:
Verschiedene Totenkopfäffchen sehen verschiedene Farben! Von Affe zu Affe haben sie verschiedene Farbsinneszellen. Allen gemeinsam ist nur Blau. Doch sie können drei weitere Grundfarben wahrnehmen. Nur nicht eine Affe alle gleichzeitig.
Auch haben Töchter eine andere Weltanschauung als ihr Vater, denn männliche Tiere sehen nur zwei Grundfarben, die weiblichen dagegen drei. Daran erkennt man, daß die Farbwelt der Männchen recht beschränkt ist, mit zwei Grundfarben können sich auch nur eine Mischfarbe sehen. Die Weibchen scheinen dagegen ähnlich wie der Mensch zu sehen.
Diese ungleiche Verteilung ist noch unklar.

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34. Liebesbeweise mit hohem Schwierigkeitsgrad:
"Qui-Qui-Qui..." seit Tagen schreit die Rotfußfälkin wie ein Küken im Nest, und der Falke fliegt emsig und bringt eine Libelle nach der anderen. Will er sich mal selbst ein Insekt gönnen, verstärkt sich das Geschrei. Manchmal wird der Hunger zu stark, und das Männchen beginnt ein Insekt zu fressen, doch sofort kommt die Fälkin angeflogen und reißt ihm das weg. Selbst wenn das Männchen einen geeigneten Nistplatz findet, gibt es für ihn keine Ruhe. Die Fälkin treibt ihn erneut auf Futtersuche.
Warum läßt sich der Greif so schikanieren? Weil ihn jede andere Fälkin genauso behandeln würde. Natürlich braucht sie das Futter eigentlich nicht, es ist vielmehr ein Beweis seiner Zuneigung, eine Generalprobe für die 3-5 Jungen, die dann das Männchen unbedingt mitfüttern muß. Ohne den Test wäre die Gefahr groß, daß sich der Falke beim ersten Kükenschrei davonmacht, denn Männchen und Weibchen finden sich jedes Jahr zusammen und kennen sich vorher nicht.
Forscher untersuchten daraufhin sogenannte "ideale" Vogelehepaare. Und siehe da - bei über 40 europäischen Singvögel wurden Seitensprünge gesehen. Ein echter Ehebrecher ist der Drosselrohrsänger. In einer Population gibt es zwar genauso viele Männchen wie Weibchen. Doch viele Männchen haben gar kein Weibchen. Demnach hätten auch viele Weibchen kein Männchen haben dürfen. Doch jedes Weibchen hatte ein Nest. Also mußte Ehebruch im Spiel sein.
Rauchschwalben greifen zu anderen Mitteln, um Partnertreue zu sichern. Wenn eiin Rauchschwalbenmännchen zu seinem Nest zurückkehrt und trifft sein Weibchen nicht an, stößt es einen falschen Alarmschrei aus. Darauf fliegen alle Schwalben aus der Nachbarschaft auf und geben die Alarmrufe weiter. Hat also das Weibchen des Heimkehrers ein Techtelmechtel, so treibt der Alarm sie auseinander. Um eine Einbildung zu widerlegen, forschte man nach und entdeckte, daß die falschen Alarmschreie nur ertönten, wenn das Weibchen gerade paarungsbereit war. Bei Schwalben hingegen, die einsam brüteten, ein Alarmschrei also keine Nachbarn hochjagen würde, blieben die Alarmschreie ebenfalls aus.
Weiterhin stellte man vor das Nest der einsamen Brüter zwei ausgestopfte Rauchschalben auf, die sich gerade eindeutig paarten. Das Männchen sah den unbekannten Weiberhelden und stieß fortan Alarmschreie aus, wenn er zu einem leeren Nest heimkehrte.

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35. Der Möwenexpress - Eigene Verkehrswege und verschreckte Schornsteinfeger:
Früher mußte ein Großstadtmensch noch an die See fahren, um Silbermöwen zu sehen. Heute leben sie sogar im Kohlenpott um Rhein und Ruhr.
Was Wohlstandsmenschen so wegschmeißen, ernährt Tausende von Möwen. Die Stadtmöwen leben auch im Städterrhythmus: morgens geht es in dichter Kolonne zum Broterwerb, abends zurück zu den Schlafplätzen, Dutzende von Kilometern entfernt, und Sonntags ist frei, denn dann wird kein Müll ausgekippt. Dann fliegen sie zu den sog. Komfortgewässern, wo sie ruhen und sich putzen.
Manche Pendler sind täglich drei Stunden unterwegs, andere nur eine Stunde. Denn sie wählen nicht immer den kürzesten Weg, sie fliegen nämlich nur über Wasserstraßen, meist dicht über dem nassen Element. Lieber fliegen die 1100 Duisburger Silbermöwen 32 km durch ein Wasserweg-Labyrinth, als 14 km zu sparen und Luftlinie zu fliegen. Müssen sie dann doch mal über festen Boden, fliegen sie im Zickzack von einem Teich zum anderen, wie von einem Wassermagneten angezogen.
Noch mehr Land gewannen die Lachmöwen. Im Winter sind kaum 10.000 Möwen an der Nordseeküste, in Hamburg aber über 50.000. Tausende kommen die Elbe entlang aus dem kalten Sachsen und Böhmen. Viele von ihnen haben die See nie gesehen. Selbst im Sommer bleiben manche in den Städten.
Die Stadtmöwen sind nicht zufällig hereingeschneit, sondern fest anssässige Städter. Berliner Möwen, die in die Schweiz transportiert wurden, saßen einige Tage später wieder auf derselben Brücke in Berlin, wo sie gefangen wurden.
Auch der Bayrische Wald ist für Möwen sehr attraktiv. In Weiding herrscht Tag und Nacht ein Lärmpegel von 55 dB. Die Anwohner ließen an den Brutplätzen hohe Sträucher wachsen. Das störte die Möwen so sehr, daß sie wieder abzogen, denn brütende Möwen brauchen Rundumblick gegen Freßfeinde.
Neuerdings wird in Städten auch auf Hausdächern gebrütet. Leidtragend sind die Schornsteinfeger, den nestverteidigende Möwenmütter können sehr aggressiv werden. Das schlimmste sind die ätzenden Kotgeschosse.
Lachmöwen haben außerhalb ihrer Brutzeit ihre speziellen Schlafplätze, zu denen sie u.U. sehr weit fliegen; während des Fluges legen sie auf Staustufen, Seen u.ä. Zwischenstationen ein. Dort bleiben sie, bis es dunkel wird. Und was dann geschieht, wußten zunächst nicht mal gute Naturbeobachter. Untersuchungen mit Peilsendern ergaben: Plötzlich starten sie wieder und fliegen zu einem anderen ungestörten Gewässer, dem eigentlichen Schlafplatz. Hier drehen sie erst ein paar Runden und beginnen dann, im Kreis zu schwimmen. Wenn bis zu tausend Möwen auf einer Drehscheibe von 20 m Duchmesser bis zu 1,5 h Karussell spielen, bietet sich einem zufälligen Zuschauer ein wahrhaft großartiges Bild dar. Dann erst schlafen sie ein.
Warum daß? Nun, jede Möwe wird aggressiv, wenn ihr eine andere auf einen halben Meter naherückt. Andererseits will sie aus Angst vor nächtlichen Feidnen dicht an die anderen heran. Das Mittel, beides zu vereinen, ist das Kreisschwimmen, bei dem man sich langsam friedlich näherkommt!

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36. Zwangrekrutierung unter Vögeln - Wie Bergkrähen sich eine starke Gemeinschaft zusammenrauben:
"Der schwarze Mann holt euch, wenn ihr nicht brav seid!" Diese Drohung geht bei Bergkrähen in Erfüllung! Der australische Zoologe Robert Heinsohn erforschte diese Ungeheuerlichkeit, die er als Kidnapping bezeichnet.
Z.B. bedrängte eine 15 Vögel starke Gruppe von Bergkrähen vier andere, die zwei gerade ausgeflogenen Junge hatten . Schnell wurden die vier Krähen verjagt, der Nachwuchs blieb zurück. Drei Krähen der Gruppe landeten und machten Drohgebärden. Sie brachten die Jungen dazu, mit ihnen wegzufliegen.
Dadurch stutzig gemacht, untersuchte Heinsohn fünf Jahre lang die Bergkrähen. Wo mußte er die markierten Jungtiere wiederfinden! 14 junge Krähen wuchsen bei fremden Eltern auf! Immer wurden sie von stärkeren Gruppen "geraubt".
Doch es macht Sinn. Zwei Krähen allein haben noch kein Junges großgekriegt. Je mehr Tiere eine Gruppe hat, desto besser. Sie brauchten viele Helfer, um die Jungen zu füttern, denn ihr Lebensraum ist sehr karg. Und tatsächlich halfen die "geraubten" Jung-tiere beim Füttern der Frischgeschlüpften. Und schließlich ist es auch zu ihrem eigenen Nutzen, in einer starken Gruppe zu sein.
Heinsohn sah einmal, wie ein Junges bei einem Überfall speziell ausgewählt wurde. Zwei Gruppen stritten sich, ließen die Augen blutig unterlaufen und zeigten weiße Stellen in ihrem schwarzen Gefieder. Während des Getümmels gesellte sich ein Eindringling neben ein Junges und putzte dessen Gefieder. Dann flogen die siegreiche Gruppe mit dem Jungen davon.
Der Zoologe beobachtete viele solcher Abwerbungen, so daß Zufälle ausgeschlossen sind. Doch immerhin fanden drei der Jungkrähen wieder zu ihren Eltern zurück.

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37. Hochnäsige Alligatoren:
Einige Alligatoren leben so nördlich, daß ihre Gewässer im Winter zufrieren. Winterschlaf halten sie nicht. Dennoch überleben sie. Sie verkrochen sich aber nicht wie erwartet in Höhlen, sondern schwommen in seichte Gewässer. Dort hoben sie die Schnauze und ließen sie im Eis einfrieren. Die Nasenlöcher ragten heraus und hielten durch den Atem immer ein Loch im 1,5 cm dicken Eis frei. Viele Frösche und Schildkröten können ohne dieses Atemgas überleben, doch ein Alligator, dessen Atemloch zufror, starb. Alle anderen überlebten, denn fressen müssen sie wegen der geringen Aktivität nichts.

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38. Die Täuschungsmanöver der Affen:
So schäbig das Motiv auch sein mag, so anspruchsvoll ist doch die Durchführung. So ist die Fähigkeit, seine Mitmenschen bzw. Mitaffen übers Ohr zu hauen, von großer Bedeutung für die Entstehungsgeschichte des Geistes. Auch Psychologen und Philosophen interessieren sich dafür, da ein Affe oft die Fähigkeit zum Nachdenken über sich selbst offenbart.
Man kann die Fertigkeiten in vier Disziplinen unterteilen.
Zum ersten die Fähigkeit, etwas zu verbergen oder zu unterdrücken. Ein Schimpanse, der beim Rendezvous mit dem Weibchen vom Boß überrascht wird, weiß genau, was er zu verbergen hat. Er hält seine Hände über den erigierten Penis und besänftigt so den Boß. Aber eine größere Leistung ist die Beherrschung, nicht gleich auf etwas Verlockendes loszugehen. So wollte ein Pavianweibchen zu einem rangniedrigen Männchen. Der Pascha blickte argwöhnisch in die Runde. Das Männchen hatte sich hinter einem Felsen versteckt. Nun rückte das Weibchen Millimeter um Millimeter zu dem Felsen. Nach 20 Minuten hatte sie ihn erreicht. Es begann, das Männchen zu kraulen. Sein Kopf war noch sichtbar, es blickte gelangweilt umher. Es war keine Spur des üblichen Kraulgesichts zu erkennen.
Zu der ersten Kategorie gehört auch die Komödie "Ich weiß von nichts". Ein Missetäter wird vom Boß drohend angestarrt. Jetzt wären Demutsbekundungen fällig. Doch manchmal blickte der Angestarrte ungerührt in die Gegend, als wäre nichts geschehen. Trotzdem ist er allzeit fluchtbereit.
Die zweite Grundfertigkeit ist die Ablenkung. Oft beobachtet ist die Fähigkeit, ins Nichts zu starren und so zu tun, als wäre dort eine Gefahr. So gibt ein bedrohter Schimpanse durchaus mal Leopardenalarm, trotz der Lebensgefahren des Urwaldes. Auch Meerkatzen geben falsche Alarmschreie.
Die dritte Disziplin ist die Schauspielerei. So wurde in einem Kampf mit dem Boß einem Schimpansenmännchen die Hand verletzt. Schon wenige Stunden später konnte das Männchen wieder normal laufen, doch sobald er in die Nähe des Bosses kam, begann er schmerzlich zu humpeln, und das noch eine ganze Woche lang!
Ein anderer saß mit dem Rücken zu seinem Herausforderer. Er hörte dessen Provokationsrufe und mußte unpassenderweise grinsen. Er nahm die Finger und zog die Lippen wieder über die Zähne, mußte aber gleich wieder grinsen. So ging das zweimal, dann hatte er seine Fassung wieder, drehte sich um und blaffte den Rivalen böse an. Schimpansen können sich sogar freundlich einem Genossen nähern, um ihn dann zu packen und zu verprügeln.
Die vierte Kategorie ist der Mißbrauch eines Genossen zur Täuschung eines Dritten. Wenn halbwüchsige Husarenaffen einen alten Affen ärgern wollen, tragen sie ein Baby mit sich herum. Reagiert der Alte dann zornig, beginnt das Kind zu schreien, und die Mutter kommt zur Verteidigung angerannt.
Auch Kinder mißbrauchen die Erwachsenen. Wenn die Mutter die Brust verweigerte, zauste ein Dscheladakind seinem Nachbarn solange das Fell, bis dieser drohte. Die Mutter sah nur die Drohung und nahm das Kind sofort zu sich, um es beruhigend zu säugen.
Die Gesamtheit der Untersuchungen offenbart Unterschiede. Die vielseitigen Täuscher sind die Meerkatzenartigen, also auch Paviane. Nur sie mißbrauchen Hordengenossen zur Täuschung eines Dritten. Dies ist interessanterweise bei den intelligenten Schimpanen nie beobachtet worden.
Bei sämtlichen niederen Affen sind kaum Täuschungen beobachtet worden. Frappant das Ergebnis der Gorillas. Nur zwei Täuschungen wurden beobachtet, obwohl sie intellekturell zu mehr fähig wären. Sie sie wirklich so "sanftmütig"? Gorillas können sich übrigens im Spiegel auch nicht selbst erkennen, es fehlt ihnen die Fähigkeit der Reflexion.
Bei den Orang-Utans liegt das Fehlen von Täuschungen sicher an ihrer einzelgängerischen Lebensweise.
Lohnt sich Täuschung für Affen. Nur ein Fall von Gegentäuschung ist bekannt. Ein Affe ließ sich von einer versteckten Delikatesse scheinbar ablenken und fortführen. Aus der Entfernung spähte er dann, wo der Täuscher sie hervorholte.
Sonst gibt es Wutanfälle der Getäuschten, auch gegenüber Menschen. Ein Forscher hatte sich als Täuscher versucht und interessiert ins Nichts gestarrt. Die Schimpansin kehrte zurück, schlug ihm auf den Kopf und ignorierte in für den Rest des Tages.

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39. Ein merkwürdiger Vogel als Großgrundbesitzer:
Ein riesiger schwarzer Vogel flatterte auf die Kühlerhaube des Afrika-Tourists. Der Vogel saß erst ruhig da, doch plötzlich wurde er immer wütender, schließlich hackte er wuchtig auf die Scheibe ein, die im Nu zersplitterte. Der Tourist sah sein letztes Stündchen gekommen, da wurde der Vogel wieder ruhig und drehte befriedigt wieder ab.
Der nächste Wildhüter wußte sofort, was geschehen war. Der Tourist war dem Südlichen Hornraben begegnet.
Der Vogel hatte in der Windschutzscheibe sein Spielelbild gesehen. Und jeder fremde Konkurrent wird mit größter Gewalt vertrieben.
Der Hornrabe ist der größte Grundbesitzer in Südafrika bei Gebieten von 100 km² pro Hornrabengruppe, zweihundertmal mehr als der Papst im Vatikanstaat. Meist wird dieses Land nur von einem Hornrabenpaar und zwei Gehilfen verteidigt.
Wozu sie dieses Imperium brauchen, ist unklar. Genug Futter finden sie auf engstem Raum. Trotzdem ertönt ihr gewaltiges Dröhnen jeden Morgen, das viele Beobachter mit Löwengebrüll vergleichen. Fünf Kilometer hört man die drei aufeinanderfolgenden Baßtöne. Wenn kein vergleichbarer Ruf antwortet, schwingt sich die Gruppe vom Baum um geht auf Patrouille. Jeden Tag läuft die Gruppe 11 km zu Fuß. Geflogen wird erst, wenn Eindringliche in Sicht sind. Sonst geht alles mit majestätischer Gelassenheit vor sich. Sie sind die Herren im Lande. Sie plündern sogar Adlernester. Einmal wurde ein ausgewachsener Kaffernadler von Hornraben getötet. Auch Leoparden u.a. Großkatzen werden belästigt und verjagt. Es gibt kaum Todesfälle, aber auch kaum Nachwuchs. Selbst die Reviergrenzen haben sich seit Jahrzehnten nicht geändert. Das friedliche Leben geht wohl auch auf die riesigen Landbesitze zurück. Hingegen bei unseren scheinbar friedlichen Störchen kommen immer wieder Gegner im Streit um Nistplätze zu Tode.

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40. 14.000 Verstecke auswendig:
In den Alpen lebt ein Vogel, den man getrost als Superhirn bezeichnen kann. Der Tannenhäher, ein Rabenvogel in Dohlengröße, ist wohl Weltmeister im Verstecken von Wintervorräten gemacht, doch was noch bemerkenswerter ist, er ist auch Weltrekordler im Wiederfinden dieser Vorräte.
Im Winter findet er in Nordrußland sechs Monate lang kein Futter und lebt von seinen Vorräten.
Das bitterernste Memoryspiel beginnt, wenn die Zirbelkiefern im Spätsommer ihre Nüßchen tragen. Davon muß der Vogel überleben. Zum einen kann er bis zu 36 g Nüsse im Kehlsack lagern, was beim Menschen etwa 13 kg entspräche. Mit dieser Last fliegt er dann noch bis zu 15 km weit. Wenn er sich vergewissert hat, daß keine futterneidischen Rivalen in der Nähe sind, vergräbt er seine Nüsse an einer günstigen Stelle. Diese Stelle muß einigen Anforderungen genügen. Sie darf im Winter nicht von meterhohem Schnee bedeckt sein, und tatsächlich gräbt er immer dort, wo im Winter der Wind den Schnee flachhält. Meist versteckt er nur 7 Nüsse. Sein gesamter Vorrat muß aber etwa 100.000 Nüsse betragen. Ergo muß er 14.000 Verstecke ausfindig machen. Selbst Gary Kasparow, Schachweltmeister, der angeblich keine Telefonnummer vergißt, die er einmal gewählt hatte, muß hierbei ins Schwitzen kommen.
Doch nicht genug damit. Wenn er Monate später zu seinen Verstecken zurückkehrt, steht er vor einer völlig verändert, schneebedeckten Landschaft. Selbst am günstigsten Platz liegen 20 cm Schnee. Doch der Vogel zögert nicht und macht mit dem Kopf voran einen Kopfsprung in den Schnee und trifft mit dem Schnabel genau die Versteckstelle. Es ist bewiesen, daß er die Nüsse nicht riechen kann. Die Verstecke sind tatsächlich zentimetergenau im Gedächtniss festgehalten. Auch schaut er bei keinem Versteck zweimal nach, er weiß also, welches der 14.000 Verstecke er schon geleert hatte. Und manchmal fällt ihm für einge Nüsse ein besserer Platz ein, gräbt sie aus und versteckt sie woanders.
Auch anderswo im Vogelreich gibt es solche Meisterleistungen. Die Sumpfmeise kennt zwar "nur" Hunderte von Verstecken, doch sie ändert sie täglich! Und dabei scheint sie eine Karte mit allen Verstecken vor sich zu sehen, denn erst ein bestimmtes Verteilungsmuster aller Verstecke ist der optimale Schutz gegen Enteignung durch andere Tiere.
Die Kohlmeise legt überhaupt keine Verstecke an. Wenn sie zufällig ein Korn findet, sucht sie sofort die nähere Umgebung nach weiteren Verstecken ab. Findet sie weitere, geht die Suche weiter, sonst vergeht ihr bald die Lust.
Forscher fanden heraus, daß sieben Meter die optimale Sicherheitszone für die Verstecke der Sumpfmeise ist. Ist der Abstand noch größer, erhöhrt sich die Geheimhaltung kaum noch. Und tatsächlich versteckten die Meisen ihre Körner im sieben-Meter-Abstand, als hätten sie stets alle Verstecke im Kopf und wüßten sie zu verrechnen. Doch was nützt es ihr? Bereits nach drei Tagen haben fremde Tiere das ganze Revier nach dem Zufallsprinzip durchstöbert, es bleiben kaum mehr Körner übrig. Doch die Meise hohlt ihre Vorräte bereits am selben Tag wieder ab, bevorzugt zum Abendessen. Statt sich gleich vollzustopfen, versteckt sie also die Körner und holt sie später. Ihr Gehirn ist also der Ersatz für einen großen Magen!
David Sherry (Biologe) untersuchte die Augen der Meisen. Selbst mit einem zugedeckten Auge fanden sie die Verstecke wieder. Doch nachdem das rechte verdeckte Auge wieder freigemacht wurde und dafür das linke Auge verdeckt wurde, fand der Vogel die Verstecke nicht mehr, die er mit dem rechten Auge versteckt hatte! Ihr linkes Auge weiß also nicht, was das rechte Auge tut. Dieses Phänomen wurde auch schon bei anderen Vögeln beobachtet, was vielleicht damit zusammenhängt, daß viele Vogelaugen zur Seite und nicht nach vorne blicken. Jedes Auge hat dann ein eigenes Gesichtsfeld und eine eigene Erinnerung, die sich nicht übertragen läßt!

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41. Die Entdeckung der Wolkenspatzenheime:
Um die unerklärlichen Fehlleistungen beim Brüten der Steinadler in den Alpen zu erforschen, wurden Adler mit Minisendern ausgestattet. Bis zu 40 % der Adlerpaare legten gar keine Eier, trotz genügend Nahrung. Unfachmännisches Jodeln ist ein anerkannter Umwelt-Straftatbestand. Doch diesmal waren die Störenfriede andere Adler. Umherstreifende einzelgängerische Adler treiben die Paare in den Bankrott, denn zur Revierverteidigung müssen viele Adlermännchen zu oft in die Luft gehen. Dadurch würde die Brut vernächlässigt, da sich die Adlerpaare bei der Brut abwechseln. So können jetzt entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen werden, denn selbst wenn ein Gebiet Adler"übersättigt" ist, sagt das nicht viel, denn sie haben sehr große Platzansprüche ; diese Vögel können sehr schnell wieder verschwunden sein.
Im Hochgebirge werden hohe Ansprüche an Vögel, aber auch an die Ornithologen gestellt. So gehörte der Schlafsack, der des öfteren in der sturmgepeitschten Eigernordwand hing, dem Ornithologen Philippe Heiniger, der den Schneefinken nachspürte, die sich im Winter in Luft aufzulösen schienen. Statt im Winter wärmere Gebiete aufzusuchen, steigen sie über 2500 m hoch und sind nicht mehr zu finden. Zwei Jahre suchte Heininger in der Eigernordwand nach den "Finken", die eigentlich Spatzen sind. Dann fand er sie. Sie saßen nicht beieinander, um sich zu wärmen, sondern verstreut einzeln in kleinen Felsnischen, die er mit Gesang und Körpereinsatz gegen andere Schneefinken verteidigte. Wie geht das bei -27°C im Schneesturm?
Zunächst sind die Nischen sehr gut gewählt. Bei -27°C Außentemperatur herrschen dort "nur" -9°C. Außerdem "zieht" es dort nicht. Und dann verheizen sie noch 20 % ihrer Fettreserven. Wenn sie die Nischen in der Morgendämmerung verlassen, sind sie um kaum 10 % schlanker geworden. Und nun zeigt sich ein Vorteil des Gipfelsturms. Um zum Freßplatz zu gelangen, brauchen sie sich nur in einer Art Fallgleitflug fallenlassen, was bei Kleinvögeln selten zu sehen ist. Das tun sie aber nur bei schlechtem Wetter. Bei schönem Wetter steigen sie auch mal bis 3700 m Höhe zu den Panoramablick-Futterplätzen.
Ein anderer Gipfel der Vogelforschung fand auch in den Alpen statt. Dort gibt es einen Alpenpaß, den Vögelzüge nur knapp überfliegen. Erstmals konnten Vögel direkt während des Fluges gefanden und untersucht werden. Es wurden hohe Mengen von Triacylglyceriden festgestellt. Bei Säugern jedoch sinkt der Triacylglyceridgehalt bei hoher Belastung. Vögel schienen einen neuen Weg gefunden zu haben, diese wichtigen Fette umzusetzen.

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42. Fernblitze als Wegweise für Kraniche?
Die Großwetterlage entscheidet über Wohl und Wehe des Kranichzuges. Bei Forschungen stieß man auf die atmosphärische Impulsstrahlung. Sie entsteht durch elektrische Entladungen zwischen Wetterfronten und Luftschichten. Solche Fernblitze können noch in 10.000 Entfernung registriert werden. Die Entfernung macht sich bemerkbar, denn der Fernblitz sendet eine schnelle Bodenwelle und eine langsamere Raumwelle. Je länger die Raumwelle hinter der Bodenwelle hinterherhinkt, desto ferner ist der Blitz. Weil die Strahlung Hinweise auf die Lage der Wetterfronten und Höhenwinde gibt, dient sie für Kraniche als "Nase im Wind".
Warum aber ausgerechnet der Kranichzug unter all den anderen Vogelzügen?
Schon allein der Aufbruchtermin ist erstaunlich. In den warmen Überwinterungsgebieten beginnen im März bereits die Blütezeiten. Doch die Kraniche machen sich nichts daraus und fliegen in den ungewißen Norden. Zuweilen endet der Zug im Gefrierschock. Einmal vereisten 120 Vögel wie Flugzegue und mußten notlanden. Oft stehen gelandete Kraniche unversehens auf dem Eis der Müritz oder im Schneetreiben auf Rügen. Dies kann daher kommen, daß die Impulsstrahlung nur über die Wetterlage in höheren Luftschichten Auskunft gibt, nicht aber über das Wetter am Boden.
Ein weiteres Rätsel des Kranichzuges: manchmal verteilen sich die ziehenden Kraniche über viele Wochen, manchmal scheinen sie alle gleichzeitig vorbeizuziehen. Einmal landeten an einem Tag an der Müritz über 8000 Vögel und verschwanden nach einigen Tagen wieder. Dieses Stop-and-Go richtet sich nach sogenannten Höhentrögen, deren Luftströmung fast wie eine Rohrpost für Kraniche funktioniert. Kraniche nutzen diese Winde optimal. Dies scheinen sie auch mithilfe der Impulsstrahlung zu schaffen, denn zielgenaue Höhentröge haben eine bestimmte Impulsaktivität. Wenn nach einigen Tagen Kaltluft nachschwappt, ist kaum mehr ein Kranich anzutreffen.
Die atmosphärische Impulsstrahlung können auch Menschen spüren. Vegetativ labile Menschen reagieren auf hohe Raten von zehn Impulsen pro Sekunde benommen. Gesunde Menschen bemerken die Strahlung nicht. Es gibt eine Beziehung zur Wetterfühligkeit mitsamt ihren juckenden Hühneraugen und Narben. Mikroorganismen reagieren ebenfalls auf Fernblitze. Goldhamster kann man damit sogar in Winterschlaf versetzen.

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43. Meeresvögel in Seenot:
Eine Vogelinsel wurde so verlassen vorgefunden wie der Fliegende Holländer. 12 Mio. Vögel hatten auf Christmas Island ihre Jungen hilflos zurückgelassen. Grund dafür war weder ein Beben noch eine Springflut. Schuld hatte ein warmer Meeresstrom, der sich in einer 12 m-Schicht über das gewohnt kalte Wasser legte, in denen Fischreichtum herrscht. Selbst die besten Sturztaucher kommen jetzt nicht mehr an die in 12 m Tiefe schwimmenden Fische heran.
Wie eine biblische Plage tauchen diese Ströme etwa zweimal im Jahrzehnt ohne Vorwarnung auf. Sie gehören zur ENSO-Naturkatastrophe, und ihre Ursache ist nicht bekannt. Man kann nur beobachten, daß ein riesiges Tiefdruckgebiet plötzlich nicht da ist, wo es sein sollte. Ihr Name besteht aus den altbekannten El Niño Winden (EN) und dem Luftdruckwechsel der Südlichen Oszillation (SO).
10 Mio. der 12 Mio. Vögel von Christmas Island kehrten nicht zurück, die Vögel fanden kaum noch ein nahrungsreiches Gewässer, obwohl sie die Jungen verließen. Ein Ausläufer des ENSO ging bis Südafrika und ließ den Bruterfolg der Brillenpinguine auf ein Zehntel schrumpfen.
Erst neuerdings ist bekannt, daß die ENSO-Katastrophen, die rhythmisch auftreten, ein fester Bestandteil des Vogellebens ist.
Damit zeigen sich die Tugenden der Seevögel in einem neuen Licht: Seevögel gehören zu den besten Eltern, die die Jungen sehr lange betreuen. Die Erklärung schien zu sein, daß sie fast ohne Feinde in einer fischreichen Umwelt leben. In diesem Paradies vermehren sie sich sehr stark, bis es nicht mehr weitergeht und nur noch wenige Jungen langsam aufgezogen werden können.
Wenn nun aber immer wieder Katastrophen dazwischenfunken, haben wir dieses Paradies nicht mehr. Die Vögel müssen sich immer wieder aufs Neue beeilen, um die Verluste wettzumachen.
Die Vögel schienen einen außerordentlichen Spürsinn für ENSO zu haben. Als die ENSO-Station das erste Anzeichen einer neuen ENSO bemerkten, waren die Vögel schon seit Tagen auf und davon.
Rätselhaft war auch der Auszug der Jungvögel. Sie verlassen die Brutinseln in eine andere Richtung als die Eltern. Sie ziehen z.B. durch entlegene Bezirke ds pazifischen Raums, obwohl sie später meist wieder in ihre Heimat zurückkehren. Die Erklärung für die Vogelkinderzüge ist nun gefunden: Auf diese Weise können sie den ENSOs besser ausweichen.

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44. Wo die Evolution rückwärts geht - Eine Augenweide für die Forschung (und für Schöpfungstheoretiker und Evolutionsgegner!):
Die Rückbildung von Organen scheint solch eine Evolution zu sein. Doch diese Einsparungen bedeuteten im Beispiel der verkümmerten Augen von Höhlentieren Erleichterung, wären also trotzdem Vorwärtsevolution.
Doch interressant wird es, wenn die Evolution wirklich kehrtmacht. Ein solches Beispiel findet auch in der Höhlenwelt: der Zahnkarpfen. Die Vorfahren konnten angeblich noch gut sehen, da sie oberirdisch lebten. Doch vor etwa einer halben Mio. Jahren (nach der Evolutionstheorie) wurden einige von ihnen in die Katakomben des unterirdischen Flusses eingeschlossen. Dort bildeten sich die Augen zurück. Doch schaden ihnen die verbliebenen Augen nicht. Ein Zahnkarpfen mit Augen ist genauso überlebensfähig wie ein Karpfen ohne Augen. Die natürliche Auslese fehlt hier, beide haben gleiche Überlebenschancen.
"Die Evolution ist eine Kraft, die vorantreibt. Versiegt sie, geht es rückwärts. Am Fuß des Berges wartet aber die Ursuppe, das Chaos."
Ein Blick in die Augen der Zahnkarpfen läßt also ansatzweise das Chaos erblicken. Ein fast unübersehbares Durcheinander von Augengebilden herrscht bei den Zahnkarpfen. Die mexikanische Kalksteinhöhle ist ca. 300 m lang. Durch Calciumsulfat ist das Gewässer weißlich gefärbt, der Fluß entspringt an einem Höhlenende und versickert am anderen , um im Freien wieder hervorzutreten. Die Versickerung hindert die Fische, ins Freie zu gelangen. Die Höhle besteht aus gut einem Dutzend Kamnmern und hat sogar einen Wasserfall. In allen Teilen gibt es Zahlkarpfen mit neuen Augenvariationen. Für Forscher eine wahre "Augenweide". Sie ordnen die Sehorgane zu und können so den Verfall rekonstruieren. Der Rückzug ins Formlose vollzieht sich recht geordnet. Es fallen nicht etwa einzelne Teile der Augen plötzlich aus. Es kommt zunächst zur Gesamtschrumpfung. Offenbar ergänzen sich die Gene gegenseitig. Wird ein Gen durch Mutation geschädigt, das führt dies nicht zu einem Defekt, sondern nur zur Schwächung des Gesamtorgans. Manche Teile schrumpfen schneller als andere. Am schnellsten schrumpft die Linse. Ist eine bestimmte Zwerghaftigkeit erreicht, fallen auch ganze Organteile weg.
"Schließlich wird mit dem Totalausfall der Vortag der Augen-Schöpfungsgeschichte erreicht, und es schwebt allenfalls noch der Geist eines Auges über den Wasser." (Sarkastischer kann der Seitenhieb auf die Schöpfungslehre kaum mehr ausfallen!)
"Es werde Licht" - die Folgen dieser göttlichen Forderung sind bekannt (welch groteske Annahme!'). Dank der Höhlenforschungen ist nun auch zu ahnen, was passiert, wenn es plötzlich heißt: "Es werde wieder dunkel:"
(Dabei müßte es heißen: "Es werde Licht!" - über die Folgen dieser göttlichen Forderung gibt es viele Spekulationen. Dank der Höhlenforschungen ist weiß man aber nun, was passiert, wenn es plötzlich heißt: "Es werde wieder dunkel." )

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45. Igel zwischen Schlaf und Tod - Ein nicht ganz so kleiner Bruder des Todes wird erforscht:
Jeder dritte Igel überlebt den Winterschlaf nicht, bei jungen Igeln nur jeder fünfte.
So beginnt die lange Nacht: der Igel rollt sich in seinem Winternest zu einer Kugel, ein fast unüberwindlicher Gegner für seine Feinde. Seine Körpertemperatur sinkt auf 4,6 °C. Sein Atem wird langsamer, manchmal vergeht fast eine Stunde, bis er wieder einen Atemzug macht. Auch das Herz hört fast auf zu schlagen. Trotzdem gerinnt das Blut nicht in den Adern. Igelblut kann sich auch noch zähflüssig wie Brei durch den Körper quälen.
Ohne Bewußtsein schlummert der dann Igel dem Frühling entgegen. Nur im Zwischenhirn ist noch Betrieb, während sonst im gesamten Gehirn fast völlige Funkstille herrscht. Man erkannte, daß die Hirnnerven kurz vor dem Winterschlaf zusätzliche feine Ästchen ausbilden. So kann das Zwischenhirn in der großen Denkpause auch schwache Hirnströme wahrnehmen und die wichtigsten Lebensfunktionen erhalten.
Die Fettreserven müssen für 5 Monate reichen. Das sind etwa 150 Gramm Fettspeicher. Doch viele Igel haben weniger. Und darum überleben auch so wenige den Winterschlaf. Sie sterben, obwohl sie noch eine Reserve an braunem Fett besitzen. Doch das ist für das "Frühlingserwachen" reserviert, um den Körper wieder in Schwung zu bringen. Denn hat es ein Igel bis Ende März, Anfang April geschafft, bekommt er wieder einen Puls von 320. Er wird von dem braunem Fett wie rasend angefeuert und ist in 3-4 Stunden wieder munter.
Igel ins Haus zu nehmen, ist trotzdem ein schlechter Dienst. Viele Igel sterben an falscher Behandlung, und die Überlebenden werden völlig durcheinandergebracht. Beobachtungen zeigten, daß "Hausigel" nur einen leichten Winterschlaf gehalten hatten und sich benahmen, als hätten sie die Nacht "durchgemacht". Sie fraßen kaum. Nur fünf der zwölf beobachteten Tiere überlebten den darauffolgenden Sommer. Sie bekamen zum falschen Zeitpunkt die Jungen, meist fast schon im Winter.

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46. Umgekehrt schwitzen:
Silberfischchen (die angeblich ja so primitiv sind), sind in der Lage, "umgekehrt zu schwitzen", d.h. sie können sich alles lebensnotwendige Wasser direkt aus der Luft holen. Das Wasser schlägt sich fast wie Tau auf eine spezielle Hautschicht am Schwanz nieder und geht in den Körper über. Das Ofenfischchen, der Vetter des Silberfischchens, kann noch mehr: Es lebt ebenfalls in unserer Mitte, aber in der Nähe von Öfen und anderen warmen Plätzen, wo es aber meist sehr trocken ist. Selbst bei nur 40 % rel. Luftfeuchte kann es sich noch das Wasser aus der Luft holen, und in seinem Körper ist es so feucht, daß das Wasser eigentlich mit Macht nach außen drängt. So muß es gegen einen Druck von 100 Mio. Pascal in den Körper gesaugt werden! Wollte ein Mensch in einen bereits gefüllten Autoreifen Luft blasen, wäre es eine 625mal schwächere Leistung.
Diese Fähigkeit, Luft anzuzapfen, haben auch andere Insekten, jedes mit anderen Methoden, doch das Ofenfischchen hält den Rekord. Es verwendet Elektrosmose. Spezielles Gewebe baut eine elektrische Spannung auf und zieht damit Wasser an. Wie gern würde man diese "Niederschlagmacher" industriell imitieren!
Aber das Silberfischchen hat noch andere faszinierenden Eigenschaften. Es kann sich in einem Labyrinth zurechtfinden. Da sie gerne die Dunkelheit lieben, wurde das Labyrinth angestrahlt, und am Ziel befand sich eine Dunkelkammer. Nachdem sie 14 Tage lang einmal täglich geübt hatten, fanden sie den Weg fast ohne Fehler. Ihre Augen sind dabei kaum zu gebrauchen, sie finden den Weg mit ihren Antennen. Und nach 4 Tagen ohne Übung haben sie bereits alles wieder vergessen.
Die Silberfischchen können drei Jahre und älter werden. Sie häuten sich manchmal jeden Monat. Dabei kleben sie sich selbst an den Boden und schlüpfen dann aus der Hülle. Dabei dürfen sie natürlich nicht auf Sand bauen.
Und auch das Liebesspiel ist faszinierend. Haben sich zwei Ofenfischchen gefunden, beträllern sie sich mit den Fühlern und umtanzen sich nach festen Regeln. Das Weibchen zirkelt um das Männchen, das sich auf der Stelle dreht. Wollen andere Ofenfischchen störend dazu kommen, so werden sie von dem Paar gemeinsam mit dem Kopf weggeschoben. Schließlich fädelt das Männchen die Paarung ein. Er spinnt Fäden, an deren Kreuzungspunkt es ein Samenpaket ablegt. Bei den Ofenfischchen wird das Sperma nämlich ohne jede Zudringlichkeit höflich übergeben. Mit Hilfe der Fäden weiß das Weibchen dann, wo es zu suchen hat, und nimmt das Paket mit dem Hinterleib auf!

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47. Das Tier, das nicht kriecht, ist das häufigste Kriechtier - Warum eine Schlange Knoten in sich selbst macht:
30 Meter lang, zwei Meter breit - so kennt man die Seeschlangen aus alten Geschichten. Heutige Zahlen sind realistischer: 96 km lang und drei Meter breit! Aber nicht eine Seeschlange, sonder mehrere Millionen, die in einer Anhäufung organischen Treibgutes gefunden wurden. "Vom Land auf's Meer" - kein Reptil macht diesen Rückzieher so konsequent wie die Plättchenschlange, die einzige der 47 Seeschlangenarten, die oft auf hoher See zu sehen ist. Knapp 80 cm lang und Fleischfresserin, wurde sie in den Ozeanen zur stärksten Vertreterin ihrer Tierklasse, der Reptilien. Ihr Verbreitungsgebiet ist durch Wasser von weniger als 18 °C begrenzt, denn ihr Erfolg ist an Wasser in Zimmertemperatur gebunden.
Bei schwerer See taucht die Schlange einfach ab, um ihre Wirbelsäule zu schützen. Mitunter genügt eine halbe Sekunde, um Luft für 213 Minuten zu holen. Das liegt daran, daß sie auch durch die Haut atmen kann. Ein Drittel des Sauerstoffs wird aus dem Wasser geholt. Doch die Haut wird bei der Häutung ein Problem. Wo kann man sie abstreifen? An sich selbst! Sie lebt sich in fein säuberliche Knoten!
Sie taucht oft, obwohl sie ihre Nahrung eher an der Oberfläche findet. Ein eleganter Jäger ist sie aber nicht. Sie kann nicht zur Beute, also muß die Beute zu ihr. Sie ist an der Oberseite blauschwarz gefärbt, an der Unterseite gelb. Damit spielt sie auch die Szene "Treibender Ast", zu dem sich i.d.R. kleinere Fische gesellen, die alsbald gelähmt verschlungen werden.
Das Gift der Seeschlange ist stärker als das von Landschlangen. Ein Protein, das das Nervensystem an den Acetylcholin-Rezeptoren blockiert, ist der Wirkstoff. Selbst im Magen von Haien sorgt ihr Biß dafür, daß das letzte Wort mit gespaltener Zunge gesprochen wird.

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48. Ein Clon als Clan:
Murmeltiere haben nur ein sehr kurzes Jahr, denn sie halten sechs Monate Winterschlaf. Doch das macht sie gerade interessant. Sie kommen nicht allein über den Winter, auch wenn ihr Körper von 37 °C fast auf den Nullpunkt sinken kann. Dies schaffen sie nur, indem sie sich gegenseitig wärmen, und darum überwintern sie in Gruppen zu etwa 20 Tieren.
Junge kann nur die Mutter bekommen. Alle anderen Weibchen werden durch ungeklärte Mechanismen daran gehindert. Auch die Männchen müssen dem Vater den Vortritt lassen. Danach jedoch stehen sie geordnet in einer Warteschlange, um sich alle mit ihrer Mutter paaren zu können! Sie haben jedoch nur eine sehr geringe Chance der Befruchtung, da der Samen des Vaters wie ein Propfen wirkt. Dennoch suchen die meisten Jungtiere ihr Glück nicht anderswo, sondern bleiben als kinderlose "Wärmflasche". Denn so steigen die Überlebenschancen der Jungen. Ein alleinerziehendes Paar hat jedoch immer noch eine Überlebenschance von 80 %. Dies würde ausreichen, um eine Abwanderung zu versuchen, wenn dafür nicht ein eigener Bau nötig wäre. Und das ist in den Alpen recht schwer. Jeder zehnte der Ausgezogenen überlebt, und das nur, weil er einen leerstehenden Bau findet. Bleibt das Tier stattdessen im heimatlichen Bau und wartet auf den Tod seiner Eltern, so hat es immerhin eine 1:5 Chance, den Bau zu übernehmen.
Wenn sich Jungtiere stark vorkommen, können sie gar die Eltern vertreiben. Doch meist ist es andersrum. Ist der Nachwuchs fünf Jahre alt, wird er rausgeworfen.
Für die Gruppe bedeutet das, das rundum nur enge Verwandte leben. Da helfen selbst gelegentliche Nachbarschaftsbesuche nicht gegen Inzucht.
Mit dem DNS-Fingerprinting versuchte man in einer Gruppe Murmeltiere die Verwandschaftsverhältnisse klären. Überraschenderweise glichen sich alle DNS-Fingerabdrücke. Das enge Familienleben hatte zur totalen Inzucht geführt. Der Clan schien ein Clon zu sein.

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49. Schmarotzer im Erbgut:
Auch Gene kämpfen ums Dasein. Sie haben Methoden entwickelt, um andere Kandidaten für ihren Platz im Erbgut auszuschalten. So kommt es, daß zwar eines in dem anderen wirkt und lebt, aber nicht immer alles sich im Ganzen webt. Das geht so weit, daß Wissenschaftler völlig ernst Gene als egoistisch oder parasitisch bezeichnen. So entdeckte John Werren aus Rochester, USA, das psr-Gen (paternal sex ratio, d.h. "Männermacher"), das bislang eigennützigste aller Gene.
Es vernichtet alle anderen Gene seines Organsimus und vererbt ausschließlich sich selbst. Glücklicherweise beschränkt es sich auf die parasitische Wespe Nasonia vitripennis.
Alles verläuft normal, bis es zur Befruchtung kommt. Dabei gelangt psr in das Ei. Kaum eingetroffen, werden alle anderen männlichen Gene von ihm biochemisch beseitigt. Psr bewirkt, daß das männliche Erbgut sich zusammenzieht und nicht mehr vermehrungsfähig ist. Nun befindet sich psr als einziger Neuling im weiblichen Erbgut im Ei. Und nun zeigt sich der Name des Gens: unter diesen Umständen entstehen bei Wespen automatisch Männchen. Wenn auch dieses Männchen ein Ei befruchtet, schlüpft das psr weiter und vernichtet das Erbgut, mit dem es gekommen ist.
Da immer nur psr überlebt und immer nur Männchen entstehen, kann so eine Tierart an einem eigennützigen Gen aussterben, wenn nicht eine Gen-Abwehr gefunden wird.
In einem Labor in Hawaii wurde beobachtet, wie ein Gen eine Tierart über die Planke gehen läßt. Es handelte sich um eine Spezialzüchtung der Fruchtfliege und als Gen SD (Segregation distorter = Erbgangsverschieber, "Ellbogen-Gen"). SD hat die Eigenart, alle Spermien zu vernichten, die nicht SD enthalten. Die Konkurrenz-Spermien verkümmerten, offenbar behinderte SD deren Entwicklung, indem es den notwendigen Austausch der Aminosäure Lysin gegen Arginin blockiert. Also werden nur Gene mit SD weitervererbt.
SD wurde nun mit dem Männlichkeits-Gen gekoppelt. So entstanden Fliegenvölker in reiner Männerkultur und gingen zugrunde. Aber nicht in allen Fällen. Auch nützliche Gene können eigennützig sein und sich behaupten, denn bei einigen der getrennt gehaltenen Völkern kam es zum Kompromiß. Zwar schlich sich SD mit seinem männlichen Erbmolekül erfolgreich ein, aber es entstand ein zweites weibliches Erbmolekül. Sobald jedoch zwei weibliche Erbmoleküle gegen ein männliches standen, wurden wieder Weibchen geboren. Diese Völker starben also trotz SD nicht aus.
Dies führt leider zur Verewigung von SD. Ansonsten ist das Gen nutzlos, es lebt wie die Fliegen. Erst so hat sich der Eigennutz des parasitischen Gens gelohnt. Das Aussterben der Tierart nützt ihm letztlich nichts. Es braucht also geradezu die gegnerische Abwehr, um durch sie "eingemacht" und erhalten zu werden.

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50. Millionentod an der Hochleitung:
Über 30 Mio. Vögel sterben in Deutschland jährlich, weil sie mit einem Hochleitungsdraht zusammenstoßen. Das sind mind. 400 Vögel pro Streckenkilometer. Wie kommt eine solche Zahl zustande? Die Vögel sterben nicht an Stromschlag. Nur selten werden große Vögel wie Störche oder z.B. ein Schwarm in England durch den Voltblitz getötet, weil sie eng zwischen den Kabeln hindurchflogen, so daß ein Stromblitz übersprang. Die meisten prallten einfach nur mit dem Draht zusammen und erlitten innere Verletzungen. Die meisten Verluste gibt es nachts. Vogelbeobachtungen ergaben, daß die Vögel prinzipiell Ausweichmanöver anstellten. Tagsüber können die Vögel also die Leitung vermutlich sehen. Die verunglückten Vögel waren vielleicht unaufmerksam gewesen. Doch wie sollten die Vögel auch eine waagerecht in der Luft liegende Linie als Hinderniss erkennen? Es wurden senkrechte Markierungen an die Leitungen gehängt. Doch die Verluste haben sich daraufhin nicht einmal halbiert.
Die verschiedenen Arten sind verschieden gefährdet. Es gab keinen einzigen Unglücksraben, sie wichen den Drähten immer rechtzeitig aus, obwohl sie oft in Massen durch die Kabel flogen. Ebenfalls so geschickt sind Stare. Obwohl sie wolkenweise durch die Leitungen fliegen, gab es nur 54 Verluste.
Furchtbar trifft es aber Kiebitze und Tauben. Und indirekt auch den Wanderfalken, denn Brieftaubenzüchter machen ihn für ihre Verluste der Tauben verantwortlich.
Interessanter- und erschreckenderweise sind die Vogeltoten auf der Autobahn noch zahlreicher als an der Hochleitung, zumindest auf den Kilometer gerechnet. Da das Stromnetz aber etwa achtmal ausgedehnter ist als das Straßennetz, kosten die Hochpannungsleitungen insgesamt mehr Vögeln das Leben.

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51. Die Jagd auf die Elster - ein Schuß in den Ofen:
Daß die Elster ab und zu ein Singvogelnest ausraubt oder ein Küken frißt, hatte sie äußerst unbeliebt gemacht. Sie wird daher gejagt und getötet. Dann gab der Elsterexperte Dr. H. Ellenberg sein Gutachten ab. Überraschenderweise schaden die Elstern den Singvögeln genausowenig wie die Jäger den Elstern. Weder sind die Vögel im Kugelhagel merklich weniger geworden, noch haben sie sich seit ihrer Schonung stark vermehrt. Vielleicht wird man weniger hinter ihr her sein, wenn man sie besser kennt.
Das Elsterleben gleicht stark dem einer Kuh. Die meiste Nahrung wird auf der Weide gesucht. Sie fressen Insekten und Würmer und brauchen die Wiesen dringend zum Überleben. Küken fressen sie nur sehr selten. Je kürzer das Gras, desto besser. Auch andere Vögel wie Lachmöwe und gar der Steinkauz brauchen solche Ministeppen zur Würmerjagd. Doch gerade im Wonnemonat Mai ist das Gras meist zu hoch für die Elster, während daheim sechs Jungen gefüttert werden wollen. Daher ist es nicht verwunderlich, daß viele Elstern in die Stadt wechseln. Denn hier sorgt der Mensch für kurzgeschorenen Rasen. Und außerdem gibt es in der Stadt nicht so viele ihrer Feinde wie Krähen und Habichte. Oft haben sich Elstern gerade ein Nest gebaut, wenn sich plötzlich Krähen in den Baum setzen und die Erbauer nicht mehr an ihr Nest lassen. So werden viele Bruten vernichtet. Auch um den Horst eines Habichts bleibt ein Angstabstand von 1,5 Kilometern.
Die Familie trennt sich zeitig. Schon im September bilden sich Jugendgruppen, denn die Nahrung wird knapper, spätestens im Dez. verjagen die Eltern die Jungen, die bald eigene Gruppen bilden. Diese Jugendbanden wachsen oft auf 1-2 Dutzend Tiere und scheren sich nicht um Reviergrenzen. Gemeinsam fliegen sie von diesem zum nächsten Elterngebiet und fressen, wo es etwas gibt.

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52. Unsichtbare Spannungen:
Touristen können in Wildparks oft sehr dicht an Wildtiere heran, ohne daß man die Tiere verscheucht. Was der Tourist aber nicht weiß, ist, daß die sich Tiere in solchen Momenten in einem "tierischen" Streß befinden. Ein brütender Austernfischer bekommt bei einem sich näherndem Menschen einen Puls von 300, doppelt so viel wie sonst. Oft kann dadurch das Vermehrungsverhalten gestört werden. In Gebieten ohne Publikum brüten z.B. Austernfischer bis zu viermal häufiger. Und meist ist den Tieren überhaupt nicht anzumerken, unter welchem Streß sie stehen, da sie völlig regungslos verharren.
Das Herz des Austernfischers ist ein sehr präzises Meßinstrument der Umgebung. Ein Sportflugzeug in 2 km Entfernung taucht bereits im Herzschlagdiagramm auf. Hunde, Drachen und Modellflugzeuge werden zur Kreislaufbeschwerde.
Interssant ist auch, daß der Vogel sich bald wieder beruhigt, wenn er sieht, daß ein vorbeilaufender Mensch auf dem vorgeschriebenen Weg bleibt. Weicht der Mensch vom Weg ab, steigert sich die Erregung.
Oft entwickeln Vögel "Menschenkenntniss". Sie erkennen Feldarbeiter recht zuverlässig und regen sich kaum auf. Erscheinen aber Vogelfreunde mit ihren 10x50-Glas-geweiteten Pupillen, ist die Anspannung größer. Und Jäger verursachen höchste Aufregung. Ein Waidmann berichtete, daß Rabenvögel sogar sein Auto von anderen unterscheiden können, obwohl er auf einer dichtbefahrenen Zufahrtsstraße herannahte.

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53. Schimpansen führen durch die Urwaldapotheke:
Schätze im Urwald - es gibt sie. In jeder Pflanze kann ein neues Medikament stecken. Aber in welcher? Das herauszufinden, kann Milliarden verschlingen. Da ist die Pharmaindustrie für jeden Hinweis dankbar, auch wenn er von Affen kommt.
Schimpansen können sich selbst kurieren. Mitunter genügt die Beobachtung eines Einzelschicksals. Eine Schimpansin, die eine Darminfektion und schweren Durchfall bekam, schleppte sich an den schönsten Blättern vorbei, an denen sich die anderen der Gruppe gütlich taten. Stattdessen nahm sie einige Schößlinge der Vernonia amygdalina, fraß sie aber nicht ganz, sondern lutschte nur den bitteren Saft aus. Dann legte sie sich in ihrem Baumnest zur Ruhe. Nach 24 Stunden war sie wieder gesund und munter! Forscher fanden in der Pflanze neben Antibiotika auch immunsystemaktivierende Stoffe.
Bei ähnlicher Situation ging dieselbe Schimpansin an den Busch Lippea picata, in dem Monoterpene festgestellt wurde, die gegen verschiedene Parasiten wirksam sind.
Eine andere Schimpansengruppe fraß regelmäßig Pflanzen der Gattung Aspilia. Sie schienen schlecht zu schmecken und waren borstig, einige Tiere übergaben sich sogar. Trotzdem fraßen sie sie. Dabei wurden die Pflanzenteile nicht gekaut, sondern zusammengerollt und geschluckt. Die Blätter wurden schließlich unverdaut wieder ausgeschieden, doch sie enthielten kleine Risse, aus denen wohl Wirkstoffe austraten. Es fand sich in den Blättern das Antibiotikum Thiarubrine-A. Das ist bisher nur aus der Wurzel einer anderen Pflanze bekannt. So kann nun die Aspilia das ganze Jahr wie ein Weihnachtsbaum die Einwohner und das Vieh mit Antibiotika versorgen! Das Thiarubrine-A nützt bei Heilung von Hautabschürfungen, aber auch gegen Pilze und Wurmbefall, gegen Bakterien und Viren und erwies sich in Krebs-Tests als stärker als die Antikrebs-Droge Vinblastine.
Viele Eingeborene nutzen ohnehin schon jeher dieselben Pflanzen wie die Schimpansen. Doch anscheinend glauben die Pharmazeutiker eher den Schimpansen als den zaubergläubigen Eingeborenen!
Auch in weiteren Pflanzen wurden Medikamente gegen Hautkrankheiten, Tumore und Ohrenschmerzen gefunden, und weitere 27 Pflanzenarten harren der Erforschung. Und so kommt es, daß so mancher Urwaldbiologe seine selig vergessenen Chemiefertigkeiten wieder anwenden muß.

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54. Gesamtzahl der Tierarten:
Neueste Schätzungen sagen, daß zwischen Acht und Achtzig Mio. Tierarten auf der Erde alles möglich ist. Das Londoner Natural History Museum stellt beispielweise Untersuchungen im Dschungel an, der eine unermeßliche Artenvielfalt im Bereich der Insekten aufweist. Dabei ließ es eine Wolke aus Insektengift aufsteigen und fing die herunterrieselnden Insekten auf. Die Zahl der verschiedenen Arten wird ermittelt und daraus die Gesamtzahl der Arten hochgerechnet. Derzeit gibt es keine genauere Methode!
Erschwerend kommt hinzu, daß der Boden der Tiefsee genauso artenreich sein dürfte wie der Regenwald und wesentlich schwieriger zu untersuchen ist. Außerdem ist nicht bekannt, wie viele Tierarten bisher überhaupt zoologisch beschrieben sind. Es sind mindestens eine Million und höchstens 1,8 Mio. Viele Taxonomen haben das Zählen ganz aufgegeben, erleichtert durch mangelnde Unterbringungsmöglichkeiten für weitere Millionen Insektenschaustücke.
Bei Vögel und Säugern dagegen herrscht weitgehend Klarheit. Jährlich werden noch etwa 3 Vogel- und 15 Säugerarten entdeckt.

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55. Wilde Stadthunde - gruppendynamisch wie Wölfe:
Forschungen zeigen, daß sich ein echtes Wolfrudel, daß sich an das Stadtleben gewöhnt hätte, nicht gefährlicher wäre als die Massen von herrenlosen Hunden, die in vielen Großstädten bereits zum Problem werden. Sie schließen sich nämlich gelegentlich auch zu Rudeln zusammen und erlegen selbst Hirsche im stadtnahen Park. Sie könnten natürlich auch auf Menschen losgehen, doch sie sind klug genug, um sich den darauffolgenden Ärger vorzustellen. Es ist viel bequemer, sich vom Abfall der Menschen zu ernähren. Deshalb bilden sich nie große Rudel, obwohl bis zu 1300 Hunde auf einem Quadratkilometer leben.
Wölfe würden es genauso machen, denn Wölfe richten ihre Rudelgröße danach, wie leicht sie Beute machen können. Daher sind viele Stadthunde bei Futtersuche allein unterwegs. Wolfs- und Hundeforscher beobachteten solches Einzelgängertum, das als Folge der Vereinsamung im Leben ohne Herrchen angesehen wird. Der Hundehaufen an der Müllkippe schien zufällig zusammenzukommen und sich danach wieder zu zerstreuen. Die Neurosen der anonymen Großstadt schienen auf die verwöhnten Hundezüchtungen übergegriffen und ihnen die Fähigkeit zu sinnvollem Zusammenleben genommen zu haben. Doch das ist eine Täuschung.
Beobachter bemerkten, daß die Hunde nur meist allein auf Futtersuche gehen, sonst aber engere Gemeinschaften bilden. 18 Stunden verbringt so ein Stadthund mit süßem Nichtstun. Nach Mitternacht ziehen sie dann los auf Futtersuche. Dann schlafen sie, und um 7 Uhr morgens sind sie wieder wach, um das "Guten Morgen" zu zelebrieren. Dabei lecken sie sich gegenseitig das Fell. Die Zeremonie ist auch spielerisch und kann sehr lange dauern. Rudelfremde haben dazu kein Zutritt.
Ein typisches Rudel besteht aus vier Hunden: zwei Rüden, einem Halbstarken und einer Hündin. Die Überzahl der Männchen liegt wohl daran, daß Menschen sich bevorzugt Rüden anschaffen. Ein solches Rudel besitzt nun ein Rudel von etwa 28 Hektar Größe, das es gemeinsam verteidigt, meist mit Erfolg.
Ausnahmen werden gemacht. Haushunde im betreffenden Gebiet werden nicht angegriffen. Mit ihnen freundet sich das Rudel an und läßt sie unbehelligt. Und als einmal gar eine wilde Hündin drei Junge bekam, wurden diese von den Anwohner adoptiert!
In der Gruppe gibt es relativ wenig Rangeleien. Meist wird der eine der Rüden als Anführer akzeptiert. Die Höflichkeit geht so weit, daß dem Weibchen stets der Vortritt beim Fressen und beim Schlafplatz gelassen wurde.

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56. Regenwald: Vielfalt ungeklärt:
Die scheinbar selbstverständliche Tatsache, daß am Äquator die Artenvielfalt größer ist als in den gemäßigten Breiten, ist in Wahrheit völlig ungeklärt.
Die größere Vielfalt am Äquator tritt bei sämtlichen größeren Gruppen auf, wie z.B. bei den Vögeln. Untergruppen können dagegen polwärts artenreicher sein, z.B. Pinguine. Wenig wahrscheinlich ist die Erklärung durch die Entwicklungszeit-Theorie, wonach das Leben am Äquator eher aufgetreten ist und die Artenvielfalt auf den Zeitvorsprung zurückgeht. Auch die Produktivitätstheorie ist nicht zwingend. Zwar führt mehr Sonnenenergie zu größerer Biomasse, daraus folgt aber nicht unbedingt eine höhere Artenzahl. Z.B. ist Kalksteingrasland arm an Biomasse, aber reich an Arten.
Die geringeren Klimaschwankungen könnten ein Faktor sein. Unter konstanten Lebensbedingungen könnten sich Organismen besser spezialisieren. Wallace Arthur bevorzugt aber die Erklärung, daß äquatornahe Biotope eine räumliche Absonderung von Tiergruppen erleichtern. In solcher Isolation käme es schneller zur Artenbildung.

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57. Tierherzen im Einklang:
Es gibt ein Tier, das sich so eng an seinen Lebenspartner bindet, daß sich die Herzschläge aufeinander abstimmen: die Tupajas! Bei ihnen heißt es wirklich "Liebe auf den ersten Blick", denn wenn sich zwei Tupajas treffen, entscheidet sich ihre Zukunft in Sekundenbruchteilen, in denen sie sofort merken, ob sie miteinander glücklich werden können.
Meist ist dabei erst das fünfte Tupaja, das sich vorstellt, das richtige. Die Ehe dauert dann ein ganzes Leben und in einzigartiger Harmonie. Mit Meßgeräten kann man feststellen, bei wem es "gefunkt" hat und bei wem nicht. Zwangsverordnete Partnerschaften im Käfig harmonieren dagegen nie, egal wie lange sie zusammen sind. In Extremfällen könnte man gar meinen, zwei feindliche Männchen wären im Gehege. Sie werden vom Streß geschüttelt und verwahrlosen völlig. Doch die meisten unfreiwilligen Paare dulden sich leidlich. Manche bekommen sogar Junge, doch keines der Kleinen wird aufgezogen, sondern kurz nach der Geburt gefressen, denn die Mutter versäumt es jedesmal, die Babys mit dem Kinder-Erkennungs-Duft zu schützen.
Doch bei einer glücklichen Tupaja-Ehe ist die Harmonie perfekt. Die Herzen stimmen sich aufeinander ab. Auch im tiefsten Nachtschlaf gehen sie nur gemeinsam schneller und langsamer. Interessant ist auch, daß ihre Herzen im Einklang wesentlich ruhiger schlagen als vor ihrem Zusammentreffen, die Körperfunktionen sind entspannter.
Ein gutes Streß-Erkennungszeichen bei Tupajas ist ihr Schwanz. Allein eine knallende Tür verursacht, das ihr Schwanz wie eine Flaschenbürste zu Berge steht. Doch die Harmonie des Pulsschlages kann Streßschäden deutlich mildern.
Für das Ehe-Glück ist die Ranghöhe des Männchens vollkommen unbedeutend. Es gibt vielmehr für die Tupajas eine persönliche Bindung, für die nur ein bestimmtes Tupaja in Frage kommt. Der Grund für die Wahl ist nicht zu ersehen. Auch Sex ist nicht entscheident, manchmal kommt es erst lange nach dem ersten Aufeinandertreffen zur ersten Vereinigung.
Die Bindung wird durch rein platonische Liebe aufrechterhalten. Das Paar küßt sich bei jeder Begegnung, krault sich und verschlingt sich auch bei Ruhepausen fest ineinander. Wenn das Paar erst mal richtig im harmonischen Rhythmus ist, dann bringt es jahrelang in exakten Abständen von 45 Tagen ihre Jungen zur Welt.

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58. Wespen im Ringkampf:
Das auch Insekten buckeln und sich arrangieren können, ist fast unbekannt. Diese "höflichen" Insekten bieten Gelegenheit, die geistloseste Form der Demut zu studieren. Hier sind nicht roboter-perfekte Ameisen- u. Termitenstaaten gemeint, die von Duft-stoffen ferngelenkt werden. Es werden immer mehr Insekten bekannt, die "fair" kämpfen und sich aktiv dem Sieger unterwerfen.
Z.B. die französischen Feldwespen, die alljährlich ein neues Nest gründen müssen. Oft treffen sich zwei oder mehr Königinen am selben Ort. Da es keine Doppelmonarchie gibt, muß eine Personalentscheidung getroffen werden. Zuerst ispizieren sie sich mit den Fühlern. Dann stellen sie sich auf die Hinterbeine und tragen eine Art Ringkampf aus. Außerdem wird zum Schein gebissen und gestochen. So geht es Sekunden bis Minuten. Trotzdem kommt es fast nie zu Verletzungen. Die Verliererin zieht die Fühler ein und preßt sich flach auf den Boden. Die Siegerin knabbert noch ein wenig an ihr herum, und von nun an ist die Rangfolge für immer festgelegt. Auch bei mehr als zwei Wespen wird eine solche Rangfolge ausgefochten. Fortan verneigen sich rangniedrigere Tiere stets bei jeder Begegnung mit einer Ranghöheren. Dabei sind offensichtlich nur Instinkte verantwortlich und keinerlei höhere Einsicht.
Die Wespen wurden genauer erforscht. Nimmt man eine rangniedrige Wespe aus der Gruppe und steckt sie zu anderen Wespen, wo sie die stärkste ist, so ist sie zwar dort Königin, doch bei der Rückkehr zur alten Clique landet sie sofort wieder im unteren Tabellendrittel. Sie kann also nicht Mut schöpfen.
Man stellte fest, daß immer das Weibchen mit dem größten Juvenilhormon-Spiegel den Wespenthron erringt. Das Hormon garantiert eine hohe Eilegekapazität. Die Catcherqualitäten der Wespe sind also von zweitrangiger Bedeutung. Nach künstlicher Behandlung Rangniedriger mit Juvenil-Hormonen konnte man die Favoritin enthronen.
Das Fortpflanzungsglück der unterlegenen Wespen ist zerronnen, sie sind nur noch Helferinnen. Die einzige Erklärung für die Unterwürfigkeit ist die, daß die Helferinnen ab und zu doch versuchen, ein eigenes Ei unterzubringen.
Es gibt weitere "demütige" Insekten, manche davon sogar Einzelgänger, die sich nicht zu Staaten zusammenraufen müssen. So verfährt die Schabe Nauphoeta cinerea. Es kommt nicht zum Kampf der Königinen, sondern zum Kampf der Nachbarn. Obwohl nicht adlig, kämpfen nachbarliche Schaben doch fast genauso wie die Wespen. Auch Demut wird in beinahe derselben Stellung bekundet. Warum muß es immer das gesenkte Haupt sein? Fast kann man von einer biologischen Grundsymbolik sprechen.

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59. Fettleber bei bester Gesundheit - Energiefalle Eisbär:
Wenn der Eisbär im Polarwinter eine Robbe erlegt, tut er etwas, worüber jeder Ernährungsexperte die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würde. Er frißt nur den Speck und läßt den Rest liegen. So verfährt er mit jeder Robbe, die er im Winter fängt. Dabei muß der Eisbär stets fit bleiben und dürfte sich eineÜberfettung nicht leisten. Hinzu kommt noch, daß die Seerobbe als Fleischfresser besonders fettes Fleisch hat, im Gegensatz zu den pflanzenfressenden Beutetieren von anderen Raubtieren wie Löwen, Tiger, Wölfe und andere Bären. Wird ein solches Tier gefressen, dann frißt das Raubtier automatisch den Salat-Ersatz in deren Mägen mit. Doch der Eisbär sieht im Winter nicht mal von weitem eine Pflanze und lebt so fett wie kein anderer. Dabei wird er selbst fett und ist dazu noch ständig in Bewegung. Der Herzinfarkt scheint vorrausprogrammiert. Doch der Bär leidet nicht unter seinem Fett!
Man entdeckte, daß der Eisbär seine Fettpölsterchen auf besondere Art und Weise über den Körper verteilt. Das meiste Fett ist an den Oberschenkeln und unter der Hüfte. Dort richtet es am wenigsten Schaden an. Auch Menschen leben weniger Infarkt-bedroht, wenn sie diese eher weiblichen Proportionen haben. Es gelang, einen Eisbär in einem riesiges Laufrad gallopieren zu lassen, in dem gleichzeitig sein Sauerstoffverbrauch gemessen werden konnte. Erstaunlicherweise verbrauchte er fast doppelt soviel Sauerstoff wie erwartet. In seinem Körper müssen unbekannte Vorgänge stattfinden, die mit dem Sauerstoff die schädlichen Folgen der Überfettung zurückdrängen.
In der klirrenden Kälte hat der Eisbär ein weiteres Organ zur Perfektion gebracht: seine Haut. Sie ist schwarz. Die schwarze Farbe ist auch an den Sohlen gut zu sehen, wo bei dunkelhäutigen Menschen immer noch weiße Stellen sind. Im Zusammenspiel mit dem dichten weißen Fell wirkt die Schwärze der Haut als Energiefalle. Wärmestrahlungen, reflektiert vom Schnee, werden eingefangen und nicht wieder abgegeben. Die Haut ist dann wärmer als die Körpermitte. Das Fell schirmt sie völlig von der Kälte ab, so daß auf dem Pelz nicht mal Schnee schmilzt. Das Kostruktionsprinzip des Eisbärfells wurde bereits bei der Gebäudeisolation übernommen. Und als Polarbiologen die Eisbären aus der Luft mithilfe einer Wärmekamera zählen wollte, war die Entstäuschung groß. Die Tiere gaben so viel Wärme ab wie die Eisblocks in ihrer Nähe.
Das größte Problem der Eisbären dagegen ist die Überhitzung bei großer Anstrengung. Bei ihrer Körpermasse nützt Hecheln nicht viel. Deshalb dürfen sie nie länger als ein bis zwei Minuten gallopieren, sonst bekommen sie einen Hitzeschlag!

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60. Selbstbetäubung durch Streß:
An Mäusen wurde festgestellt, daß Wirbeltiere bei Streß Opioide bilden, die wie Opium wirken. Die Mäuse wurden kurz in ein Käfig gesperrt, in dem durch eine Glaswand getrennt ein Rivale war. Obwohl sie keine körperlichen Schäden erlitten, wurden die Mäuse stark unter Streß gesetzt. Als man ihnen nun ein Ausnüchterungsmittel verabreichte, reagierten sie wie ausnüchternde, rauschgiftsüchtige Mäuse. Das Mittel Naloxone wirkt nämlich nicht nur gegen künstliche Opioide, sondern auch gegen die natürlichen. Ungestreßte Mäuse zeigten dagegen diese Reaktionen nicht. Außerdem konnte man mit dem Elektronenmikroskop nachweisen, daß Streß im Gehirn typische Opiumsuchterscheinungen auslöst, die erst nach Wochen abklangen.
Man kann in diesem Fall vermutlich von Mäusen auch auf Menschen schließen, da die Opioid-Biologie sehr viel mit Urtümlichem zu tun hat. Alle höheren Tiere ähneln sich darin, die Opioid-Rezeptoren haben bei niedrigsten Wirbeltieren exakt dieselbe Wirkungsweise wie beim Menschen.
Durch ihr Auftreten im zentralen Thalamus und in den Rückenwirbeln haben sie eine bedeutsame Funktion für die Schmerzempfindung. Gelindert wird dadurch aber nicht der stechende Schmerz, sondern bevorzugt der brennende Schmerz, der nicht genau zu lokalsisieren ist.
Alkohol dagegen wirkt ganz anders als Opioide und kann sie nicht verstärken, ebenso ist die Drogenklasse der Opiate vollkommen von Schlafmitteln und angstverhindernden Wirkstoffen getrennt.

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61. Ihm waren 50 Stunden wie ein Tag:
Es gibt bei jedem Menschen eine innere Uhr, das ist unbestritten. Doch weniger bekannt ist, daß bei etwa jedem dritten diese Uhr anders tickt, also nicht im normalen 25-Stunden-Rhythmus. Diesen Rhythmus kann man herausfinden, indem die Testperson in eine Wohnkammer zieht, die von allen äußeren Zeitzeichen abgeschirmt ist. Der "normale" Zyklus dauert dann nicht 24, sondern 25 Stunden. Doch manche leben dabei in Kurztagen von 20 Stunden, andere durchleben Langtage.
Der extremste Fall war ein Chemotechniker, dem zugesichert wurde, daß er 30 Tage in der Isolation bleiben könne. Als man ihn nach 30 Tagen herausholte, fühlte er sich trotzdem betrogen. Er hatte nur 15 Tage und völlig ahnungslos in 50-Stunden-Tagen gelebt, die er allerdings für 24 Stunden gehalten hatte.
Wie ist so etwas möglich? Eigentlich hätte er einen Kollaps erleiden müssen. Denn der menschliche Körper hat mehrere Tagesrhythmen. Diese hätten wirr durcheinanderlaufen müssen, sobald sie durch den Lauf des Sonnentages nicht mehr aufeinander abgestimmt werden. Heftiges Unwohlsein hätte auftreten müssen, weil einige Körperfunktion Schlafzustand annähmen, während andere wachen würden.
Tatsächlich kam es aber zu einer Harmonie mit einem vermeintlich "alltäglichen" Tag.
Um dieses Rätsel zu lösen, ließ man die Zeit-Urlauber in ihrer Zelle Stunden schätzen. Es zeigte sich, daß das Stundengefühl zum Tagesgefühl passte. Dann mußten die Testpersonen kürzere Zeitabstände schätzen. Erstaunlicherweise haben diese Kurzzeiten nichts mit den Langzeiten zu tun, sie werden fast immer korrekt geschätzt, auch von 50-Stunden-Tagmenschen. Andersrum kann jemand, der sich bei Kurzzeiten völlig verschätzt hat, normale 25-Stunden-Tage durchleben.
Schätzfehler werden außerdem beibehalten. Schätzt jemand die 2 Minuten einmal zu kurz, dann schätzt er sie immer zu kurz. Und wer 120 Sekunden überschätzt, der überschätzt normalerweise auch 10 Sekunden.
Doch es gibt ein Zeitzeichen, dem nicht die Tür gewiesen werden kann. Es verfolgt einen Menschen überall hin und ist sogar ein Tonsignal: das Magenknurren. Bei einem 50-Stunden-Tag müsste sich der Magen bemerkbar machen. Doch diese Menschen bereiteten sich weiterhin ihre gewohnten Mahlzeiten zu den gewohnten "Tageszeiten".
Doch woher nimmt diese Person die Energie für den langen Tag? Man registrierte die Bewegnungsaktivität der Personen. Es ergab sich, daß Personen mit 90-Minuten-Stunden in dieser Zeit auch nicht mehr anfingen als "normal". Sie lebten in einer Art Aktivitäts-Zeitlupe. Daher verbrauchten sie auch nicht mehr als ihr "täglich Brot".
Auch der Ruhestoffwechsel spielte mit. Er verbraucht normalerweise auch dann erhebliche Energie, wenn der Mensch gar nichts tut. Selbst an Langtagen ohne jede Aktivität hätte ein großes Loch im Magen entstehen müssen. Doch auch der Ruhestoffwechsel paßte sich dem Tagesrhythmus an.
Was ist nun davon zu halten? Muß man zur Erlangung dieser Harmonie die Armbanduhr hinter sich im Staub liegen lassen? Oder muß man sich gegen alle Zeitzeichen schützen, was nur in einer Höhle möglich wäre?
Die Testpersonen mußten zustätzlich ihr Wohlbefinden zu Papier bringen. Fast keiner fühlte sich unwohl. Manchmal kam eine Art Feriengefühl auf. Doch höhere Seeligkeit stellte sich nie ein. So wären 50 Stunden also ein recht hoher Preis für das ganz persönliche Tageserlebnis.

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62. Häufigster Vogel der Welt - die gefiederte Heuschrecke:
Es handelt sich um den Blutschnabelweber aus Afrika. Er zählt über 2 Mrd. Individuen und richtet große Schäden auf Getreidefeldern an. Allein 1985 wurden in Simbabwe 120 Mio. Vögel getötet, um die Ernte zu retten.
Einzelne Schwärme bestehen aus Millionen von Tieren.
Im Kampf gegen Hunger werden immer großflächigere Getreide- und Hirsemonokulturen angelegt. Der Blutschnabelweber, wie der Spatz ein Webervögeln, hat sich darauf spezialisiert und vermehrt sich nun dem verstärkten Anbau entsprechend.
Ebenfalls sehr häufig ist mit einer Mrd. Expemplaren der Dunkle Sturmtaucher, der damit den zweiten Rang einnimmt.

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63. Wie Gesichter "auf den Nerv gehen":
Auf der Großhirnrinde ist ein eigener Platz für die Wahrnehmung für Gesichter reserviert. Versuchspersonen wurden Dias mit verschiedenen Objekten vorgeführt. Sobald ein Gesicht erschien, waren in bestimmten Teilen des Hirns besondere Wellen festzustellen. Ein besonderer Ausschlag kommt noch hinzu, wenn die Versuchspersonen gekannte Gesichter wiedererkennen. Doch die Gesichter können noch präziser auf "den Nerv gehen". Es gibt ganz bestimmte Nervenzellen, die ausschließlich durch Gesichter aktiviert werden. Zeigt sich statt eines Gesichts eine Bürste, dann tut sich nichts, auch wenn die Bürste die Imposanz eines Vollbartgesichts besitzt.
Es gibt sogar verschiedene Arten von Gesichter-Nervenzellen. Ein Typ z.B. spricht nur an, wenn das Gesicht frontal zu sehen ist. Es gibt aber auch andere Zellen, die auf Frontal-Gesichter gar nicht reagieren und nur bei Profilen erregt werden. Das funktioniert übrigens auch, wenn das Profil "liegt", als würde es einer liegenden Person gehören.
Die Profile müssen echte Gesichter sein. Scherenschnitte wirken dagegen nicht, ebenso die Frontaufnahme eines Gesichtes, das auf die Umrisse eines Profils geklebt wurde.
In dem gesehenen Gesicht spielen die Augen eine große Rolle. Werden sie abgedeckt, verringert sich die Erregung sichtlich.
Ein bestimmter Nerventyp wird nur bei Drohgesichtern aktiv. Das erklärt auch, warum junge Affen, die noch keinerlei Erfahrungen gesammelt haben, trotzdem auf ein freundliches Gesicht positiv und auf ein feindliches Gesicht ängstlich reagieren.
Die Untersuchungen an den Hirnnerven sind zwar nur an Affen durchgeführt worden, doch man kann sie so gut wie sicher auf Menschen übertragen. Dafür spricht z.B. die Prosopagnosie, was eine Geisteskrankheit ist, die bei Verletzung des occipito-temporalen Assoziationscortex in beiden Großhirnrindenhälften auftritt. Solche Patienten können dann keine Gesichter mehr erkennen. Ein bestimmter Fall konnte z.B. seine Frau und seine Tochter nur an der unterschiedlichen Beindicke auseinanderhalten. Auch die Amtsgeschäfte mußten mithilfe der Frau durchgeführt werden. Zwar verstand der Patient alle Sachverhalte. Doch bevor er eine Entscheidung traf, fragte er seine Frau, was für ein Gesicht der Antragssteller gemacht hatte.
Forschungen belegen, daß Frauen besser Gesichter erkennen können als Männer. In Tests schnitten Frauen doppelt so gut ab!

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64. Das lange Leben - kein weibliches Bio-Privileg:
Die Ansicht, daß weibliche Erbanlagen grundsätzlich zu einem längerem Leben führen, ist nicht haltbar. Man fand sogar größtenteils günstigere Zahlen für Männchen im Tierreich. In freier Wildbahn leben meist die Weibchen länger, doch das liegt oft an der Lebensweise. Die Fortpflanzung fordert oft von Männchen größere Opfer.
Brauchbar sind also nur Daten von Tieren, die tatsächlich an Altersschwäche sterben. Dies ist fast nur im Labor möglich. Bei einigen Nagetieren werden hier die Männchen älter als die Frauen. Aus Zoos sind kaum Daten erhältlich, weil dort alte Tiere meist eingeschläfert werden.
Man hatte als Überlebensvorteil der Weibchen stets das doppelte X-Chromosom in Verdacht. Tritt ein Defekt an einem der X-Chromosomen auf, kann er durch das andere ausgeglichen werden.
Doch das X-Chromosom ist an den Alterskrankheiten kaum beteiligt. Wäre es trotzdem irgendein Altersvorteil, dann müßten bei Vögel die Männchen älter werden, denn dort haben die Männchen das doppelte X-Chromosom. Doch auch hier keine ausreichenden Beweise.
Der Vergleich von Tod durch Altersschwäche zwischen Labortieren und Menschen ist kaum zu vergleichen. So sterben Laborratten meist an Nierenversagen, was bei Menschen lange nicht so häufig ist.
Das Tierreich zeigt also lediglich, daß der häufige Früh-Tod von Männchen Folge von anstrengender Lebensweise ist. Interessant ist, daß bei den Adventisten Frauen und Männer gleich alt werden.

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65. Äußerlich gleich, bei Streß verschieden: Typ A und Typ K:
Bei jeder Säugerart gibt es bestimmte Gruppen, die sich in Streß extrem unterscheiden. Diese Typen lassen sich sogar biochemisch erkennen.
Die Existenz dieser Typen ist auch für den Menschen abgesichert.
Der Puls verändert sich und die endokrinen Körperdrüsen scheiden Botenstoffe und andere Sekrete aus. Ähnlich wie die Bewegung eines Beingelenkes scheinen diese Vorgänge bei allen Artgenossen gleich abzulaufen. Die biochemischen Unterschiede sind jedoch bei äußerlich völlig gleichen Tieren fast so kraß wie die Hormonwerte bei Männchen und Weibchen.
Paradebeispiel sind die Tupajas, die sich, klein wie Eichhörnchen, in großer Zahl halten lassen, so daß stichhaltige Versuche möglich sind. Sie leben in festen Vater-Mutter-Kinder-Familien. Sie wurden bis vor kurzem sogar noch zu den Affen gerechnet. Bei ihnen kann man die Streßtypen in Reinkultur beobachten.
Zwei Männchen werden in einem größeren Käfig zusammengesetzt. Jedes hat seinen eigenen Freßplatz. Dennoch kommt es zum Kampf. Und die Verlierer sind die Interessanten, denn sie unterscheiden sich stark in ihrem Verhalten.
Der eine Typ verfällt zusehends. Er verkriecht sich, wird völlig passiv und magert so stark ab, daß man ihn aus dem Käfig holen muß, um den Hungertod abzuwenden. Dann erholt er sich erst. Er ist der submissive, also unterwürfige Typ.
Der andere Typ ist der subdominante Verlierer. Er magert zwar zunächst ab, erholt sich dann aber wieder und bleibt mit stark erhöhtem Puls vorsichtig aktiv. Ihm gelingt es, lange Zeit im Käfig des Siegers zu bestehen.
Prof. von Holst entdeckte zwei Streß-Hormonsysteme, die meist schlecht voneinander zu trennen sind. Der Glücksfall besteht nun darin, daß bei den Tupajas immer nur eines dieser Systeme dauerhaft wirkt und daher einzigartig studiert werden kann.
Bei den Subdominanten ist nur das Symmpathikus-Nebennierenmarksystem aktiv. Das führt zu aktivem Streß. Daraus folgen Herz-Kreislauf-Krankheiten, die meist den Tod des Tieres bewirken. Hingegen ist beim Submissiven nur das Hypophysen-Nebennierenrindensytem aktiv. Dadurch wird das Immunsystem geschwächt. Das ist der passive Streß. Er führt wegen geschwundener Abwehrkräfte zur Krankheit.
Beim Menschen sind solche Untersuchungen viel schwieriger durchzuführen, trotzdem sind auch hier Streßtypen ausgemacht worden. Der Typ A ähnelt dem subdominanten Typ der Tupajas. Es ist ein Gesundheitsrisiko, zur extremen Form dieses Typs zu gehören, vergleichbar dem Risiko durch starkes Rauchen und hohe Cholesterinwerte.
Es ist nicht zu befürchten, daß in der Wirtschaft nur noch günstige "Streß-Typen" eingestellt werden. Alle Versuche zeigen, daß eine solche "Monokultur" zu großen Spannungen im Betriebsklima führt und gemischten Gruppen unterlegen ist.

66. Brüten gibt verbrauchte Energie sofort zurück:
Es ist fast eine Karikatur seiner selbst: die brütend auf den Eiern sitzende Vogelmutter. Wenn in fünf Eiern die Embryonen heranwachsen, dann setzen sie so viel Stoffwechselenergie frei, daß nicht die Mutter die Eier bebrütet, sondern die Eier die Mutter!
Doch zuerst muß investiert werden, der Vogel muß erst Nest und Eier aufwärmen, bevor Energie zurückfließen kann. Ist das Brüten aber alles in allem ein Energiegewinn.
Physiologe Prinzinger untersuchte hierauf die Amsel. Er gibt an, daß die Amsel auf ihrem Nest einen solchen Kälteschutz genießt, als wenn sie drei Pelzmäntel übereinander anhätte. Genaue Berrechnungen ergaben tatsächlich, daß unsere Amsel beim Brüten ein Energiegewinner ist, selbst bei Temperaturen von 8 °C. Da scheint selbst ein Kuckucksei zunächst kein Parasit, sondern ein Gastgeschenk zu sein.
Nestbau, Eiablage und Fütterung sind aber Anstrengungen, die auch durch jahrelanges Brüten nicht wieder wettgemacht werden könnten.