Waren es früher Glasperlen, mit denen Seefahrer früher Kolonialmächte bestochen haben, so scheinen es heute Fußbälle zu sein: "Sportmaterial mit der Ablieferung von: zwei Fußbällen, einer Schiedsrichterpfeife, einer Stoppuhr - einmal und einmalig im Monat August 2001." Dies ist Teil einer Abfindungszahlung der Ölfirma AGIP an den Stamm der Huaorani-Indianer. Als Gegenleistung darf AGIP auf dem Gebiet eine Bohrplattform errichten, weitere Probebohrarbeiten und den Bau einer Pipeline vornehmen. Die Stammesangehörigen "verpflichten sich, alle Arbeiten von AGIP zu akzeptieren, die Arbeiten nicht zu unterbrechen und die notwendige Unterstützung an AGIP zu geben." Weiter heißt es: "..., daß AGIP von jeder Verantwortung frei bleibt."
Dies alles geschieht zur Zeit im Urwald von Ecuador, wo die Westdeutsche Landesbank (WestLB) ein Projekt von ca. 1 Milliarde Euro finanziert. Die WestLB ist die öffentlich-rechtliche Landesbank des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie ist die führende Bank beim Bau einer neuen Ölpipeline (OCP-Pipeline) in Ecuador.
Dazu einige Hintergrund-Informationen:
Die Pipeline soll vom Amazonasbecken über die Anden führen und schließlich im Pazifikhafen Esmeraldas die Tanker befüllen. Diese würden übrigens auch die Galapagos-Inseln passieren, wo erst vor einem Jahr ein Tanker auf Grund gelaufen ist.
Der Bau zerstört große Flächen seltenen Urwaldes. Die geplante Trassenführung durchschneidet sieben Naturschutzgebiete!! Darunter ist auch der Park von Mindo - mit mehr als 450 Arten eines der vogelreichsten Gebiete der Erde. (eine entsprechende Karte findet sich im neuesten Greenpeace Newsletter Februar 2002)
Die Ölförderung soll mitten im Amazonas-Regenwald stattfinden. Hunderte Ölbrunnen, Hubschrauberlandeplätze, Zufahrtsstraßen, Zubringer-Pipelines, Pumpstationen usw. müssen gebaut werden. Häufig liegen diese in Schutzgebieten oder auf dem Territorium von indigenen Völkern. Deshalb werden Verträge wie oben zitiert geschlossen.
Vom Knotenpunkt Lago Agrio soll die Pipeline parallel zur bestehenden SOTE-Pipeline in Richtung der Hauptstadt Quito gehen. Weil die Durchquerung der Vororte von Quito als zu gefährlich erscheint, soll die Pipeline auf einer neuen Trasse nördlich um die Stadt herumgeführt werden. Im Tiefland von Ecuador bis Esmeralda würde sie wieder parallel zur SOTE-Pipeline verlaufen.
Für Urwald und Bewohner sind schlimme Zerstörungen vorprogrammiert. Frühere Kontakte mit Ölarbeitern haben bereits jetzt schon 70% der Huaorani mit Hepatitis B und C infiziert. Ölunfälle und bereits Hunderte von "Ölteichen", in denen sich das ausgelaufene Öl und giftige Abwässer sammeln, bedrohen Urwälder und verseuchen Flüsse.
In den Anden soll die Pipeline direkt an sechs aktiven Vulkanen vorbeiführen. Erdbeben sind in der Gegend bekannt. 94 seismische Bruchlinien würden überquert. Mit Naturkatstrophen muß gerechnet werden.
Im Tiefland würde die Pipeline parallel zum größten Fluß Ecuadors verlaufen, dem Rio Guaillambo. Jeder Unfall führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer großen Wasserverschmutzung.
Neben diesen Gefahren gibt es noch zahlreiche weitere, wofür hier kein Platz ist. An der existierenden SOTE-Pipeline kann man die Auswirkungen realistisch vergleichen: in den letzten drei Jahren gab es 14 Ölunfälle. Dabei sind insgesamt ca. 20 Millionen Liter Öl ausgeflossen.
Daß die WestLB dieses skandalträchtige Projekt finanziert, verwundert sehr. Sie gehört zu 43% dem Land NRW. 12% gehören je den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe und je über 16% den Sparkassen- und Giroverbänden von NRW - also alles öffentlich-rechtliche Träger, in deren Aufsichtsräten viele Vertreter der Regierungsparteien sitzen. Deutschland engagiert sich für internationalen Klimaschutz und will sich auf dem UNO-Urwaldgipfel im kommenden April auch für den Erhalt des Amazonas einsetzen! Wie paßt das mit der Duldung der Landesregierung von NRW der Zerstörung von Naturschutzgebieten und Lebensräumen von indigenen Völkern zusammen?
Die WestLB behauptet, daß das Projekt entsprechend allen Standarts der Weltbank organisiert würde. Doch selbst die Weltbank hat sich inzwischen von dem Projekt distanziert: In einem Brief der Weltbank vom 19.12.2001 an das Kosortium der beteiligten Ölmultis aus den USA, Kanada, Italien und Argentinien, in Kopie an die Regierung von Ecuador, an die Regierung von NRW und an die WestLB, fordert die Weltbank die WestLB sogar auf, nicht länger zu behaupten, daß dieses Pipeline-Projekt die Uwelt- und Sozialstandards der Weltbank erfülle. Selbst die Weltbank sieht erhebliche Umweltrisiken bei der Pipeline: a) durch den unmittelbaren Verlust von Naturschutzgebieten, b) durch den indirekten Verlust wegen des Abholzens von Urwald beim Bau der Zubringerstraßen und der Pipelinetrasse, c) durch das eindringen von illegalen Jägern sowie d) durch große Ölschäden - verursacht durch Erdbeben.
Am 14.01.202 wurde die WestLB vom "Ausschuss für Europa- und Eine-Welt-Politik" des Landtages von NRW dazu befragt. Die WestLB behauptete wieder, alles sei in Ordnung - an dem Projekt werde festgehalten. Auch der im Verwaltungsrat der WestLB sitzende Finanzminister Peer Steinbrück hat sich bisher nicht von dem Projekt distanziert.
Greenpeace arbeitet schon lange an einer Strategie zur Verhinderung dieses Projektes, die Weichen werden in Düsseldorf bei der WestLB und der Landesregierung von NRW gestellt.
Deshalb ist es wichtig, das sich die Bevölkerung Deutschlands massiv gegen die Finanzierung von Urwaldzerstörungen durch die WestLB protestiert, während hierzulande für saubere Flüsse gesorgt wird.
Da der bisherige öffentliche Druck auf die WestLB noch nicht auszureichen scheint, sollte man sich direkt an den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn Wolfgang Clement wenden. Entsprechende Postkarten kann man auch über 040-30618-0 bestellen.
Man kann auch in eigenen Worten eine Postkarte oder einen Brief an folgende Adresse schicken oder sich auch per e-Mail an den Ministerpräsidenten wenden (wolfgang.clement@landtag.nrw.de)
An den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen
Wolfgang Clement
Stadttor 1
40219 Düsseldorf
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Für weitere Infos kann man sich auch direkt an Greenpeace wenden.
aus: Aktionsbrief Februar 2002 "Westdeutsche Landesbank finanziert Urwaldzerstörung"
Greenpeace e.V., 22745 Hamburg |