"Weg nach Norden" heißt Norwegen wortwörtlich, und wer sich die Form auf der Landkarte anschaut, weiß warum. Es ist das langgestreckteste Land Europas und erstreckt sich über fast 14 Breitengrade, einem Flug von Frankfurt nach Südspanien entsprechend. Die Hälfte davon liegt dabei nördlich des Polarkreises, vom südlichsten Punkt bei Kap Lindesnes bis hinauf zum Nordkap beträgt die Entfernung 1752 km Luftlinie oder rund 2500 km Straßenkilometer.
Der Atlantikstrom und die Westwinde bewirken zu allen Jahreszeiten ein mildes Klima, das erheblich besserist, als die weit nach Norden verschobene geographische Lage erwarten läßt. Die Küste und ihre Häfen bleiben eisfrei, Oslos Durchschnittstemperatur im Juli ist ähnlich der von Zürich oder Bonn. Im mehr kontinental geprägten Inneren des Landes sind die Sommer wärmer als im Küstenbereich und die Winter deutlich kälter, oft mit mehreren Monaten Schnee und Temperaturen, die -30°C erreichen können.
Die Küstenlänge beträgt, die ca. 50.000 Inseln nicht mitgerechnet, mit über 21.000 km etwa die Hälfte des Erdumfangs! Für den Entwurf der herrlich krickeligen Küste hatte einst Slartibartfaß einen Preis gewonnen... (ähm, kleiner Scherz aus "Per Anhalter durch die Galaxis")
Die extreme Zergliederung der Küste hängt mit einer weiteren norwegischen Spezialistät zusammen: den Fjorden. In den schmalen Meeresarmen, die mit ihren oftmals nahezu senkrechten Felswänden bis zu 200 km weit ins Festland hineinreichen, begegnen sich zwei Lebens- und Wirtschaftsräume, die unterschiedlicher nicht sein könnten. In den Hafenstädten an den Fjorden landen die Fischer ihre Fänge an, werden Ozeanschiffe und Ölförderplattformen gebaut, auf den Almen, wenige hundert Höhenmeter darüber, weiden im Sommer die kleinen, braunen Gebirsziegen, denen die norwegische Küche den köstlichen Ziegenkäse mit seinem charakteristischen Karamelgeschmack zu verdanken hat.
Wenn nicht die Förderung der kräftig sprudelnden Erdöl- und Ergasvorkommen unter dem Boden der Nordsee den Norwegern zu einem Platz in der vordersten Rängen der reichsten Nationen der Welt, gemessen am Pro-Kopf-Einkommen, verhelfen würde, dann wäre Norwegen heute noch immer das, was es bis vor wenigen Jahrzehnten war: eines der schönsten, aber auch eines der ärmsten Länder Europas.
Mehr als die Hälfte des Landes liegt über einer Höhe von 500 m, ein Viertel sogar über 1000 m! Ebenen sind so selten, daß sie in den Ortsnamen eigens hervorgehoben werden, wie z.B. Oslo, was übersetzt "Ebene der Götter" bedeutet. Ansonsten ist das Land fast überall solcherart geformt, daß man nur selten einen Ball auf den Boden legen kann, ohne das wegrollt. :-)
Wasser und Fels, das sind die beiden Elemente, die das Land prägen. Neben dem unglaublichen Küstenverlauf tauchen vor der Küste zudem noch unzählige Felseninseln auf und wirken wie Brücken vom Land zum Ozean. Nicht einmal Griechenland ist so eng mit dem Meer verzahnt wie Norwegen. Andererseits führt die stark gegliederte Küste, zusammen mit dem ausgeprägten Gebirgscharakter des Landesinneren, das bis zu 2500 m ansteigt, dazu, daß die landwirtschaftliche Nutzfläche nur ganze 3% ausmacht!
Die Gebirgszüge des Landes wirken wie Regenfänger, so daß hier die höchsten Niederschläge auf dem europäischen Festland niedergehen, zwischen Oktober und April in den höheren Lagen in Form von Schnee, der teils im Sommer nicht vollständig abschmilzt. Über 1000 m finden sich viele Firnschnee- und Eisfelder, auch Europas flächengrößter Plateaugletscher, der Jestedalsbreen, findet sich hier.
Gute Böden kommen kaum vor, der größte Teil der Oberfläche Norwegens ist ziemlich oder völlig kahl.
Der Atlantikstrom und die Westwinde bewirken zu allen Jahreszeiten ein mildes Klima, das erheblich besser ist, als die weit nach Norden verschobene geographische Lage erwarten läßt. Die Küste und ihre Häfen sind eisfrei, Oslos Durchschnittstemperatur im Juli ist ähnlich der von Zürich oder Bonn. Im mehr kontinental geprägten Landesinneren sind die Sommer wärmer als im Küstenbereich, die Winter aber auch deutlich kälter, oft mit mehreren Monaten Schnee und Temperaturen, die -30°C erreichen können.
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Allgemein läßt sich das Königreich in fünf Landesteile oder Hauptregionen gliedern, die jedem Norweger geläufig sind:
Nord-Norge (Nordnorwegen):
Provinzen Nordland, Troms und Finnmark.
Sør-Norge (Südnorwegen), bestehend aus vier Landesteilen:
-Trøndelag (das Gebiet um Trondheim)
-Östlandet (Ostnorwegen mit Østfold, Akershus, Oslo, Hedmark, Vestfold, Oppland und Buskerud)
-Vestlandet (Westnorwegen mit Møre og Romsdal, Sogn og Fjordane, Hordaland)
-Sørlandet (das äußerste südliche Norwegen mit Aust-Agder, Vest-Agder, Rogaland, Telemark)
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Zahlen und Fakten:
- Fläche: 386.958 km² (mit Spitzbergen mit 62.700 km² und Jan Mayen mit 380 km²)
- Einwohner: 4,39 Mio. (1997, davon 235.000 im Ausland geborene (insbesondere Dänen, Schweden, Nordiren, Pakistani, Amerikaner, Vietnamesen), drei Viertel leben in größeren Gemeinden und Städten, nur Island ist in Europa dünner besiedelt)
- Hauptstadt: Oslo, Stadt 485.000 Einwohner, Ballungsgebiet 748.000 Einwohner (1997).
- Bedeutende andere Städte: Bergen, 221.000, Trondheim, 142.660, Stavanger, 103.000, Kristiansand, 70.000. (1997)
- Staatsform: Konstitutionelle Monarchie mit parlamentarischer Demokratie; allg. Wahlen für die 165 Mandate im Storting (Nationalversammlung) alle 4 Jahre.
- Währung: 1 Norweg. Krone = 100 Öre.
- Bevölkerung: Norweger, 30-40.000 Samen (Lappen; im Norden des Landes)
- Sprache: Norwegisch, mit zwei Schriftsprachen: Bokmal und Nynorsk
- Religion: Christen (87,9 % evangelisch-lutherisch, viele kleine Religionsgemeinschaften)
- Klima: Im Küstenbereich gemäßigt-ozeanisch, in den Skanden kühles Gebirgsklima, Durchschnittliche Temperatur Oslo im Januar -4,7°C, im Juli 17,3 °C.
- Handelspartner: Schweden, Deutschland, Großbritannien, Dänemark, USA
- Bodenschätze: Erdöl, Erdgas, Eisenerz, Titan, Zink, Blei, Molybdän, Kupfer.
- Hauptexportgüter: Erdöl, Erdgas, Schiffe, Erze, Metalle, Maschinen, Fisch, Fleisch, Holz.
- Pro-Kopf-Einkommen: 22.025 Dollar/Jahr
- BNP-Anstieg: 4,8% (1995), hoher Exportanteil von Öl und Gas, sinkende Konkurrenzfähigkeit der Industrie.
- Arbeitslosigkeit: 4% (Anfang 1997)
- Inflationsrate: 1,5% (1997)
- Problematik: schwankende Einnahmen aus Öl- und Gasexport, Nicht-Mitgliedschaft inder EU, Fischereistreit.
- Bevölkerungswachstum: 0,3 %/Jahr
- Lebenserwartung: Männer 73, Frauen 80 Jahre
(Daten, wenn nicht anders angegeben, von 1991)
Kurze geschichtliche Entwicklung:
Das erste norwegische Königkeit entstand um das Jahr 900 n.Chr. Norwegische Wikinger gründeten Siedlungen in Nord- und Westeuropa und entdeckten den Weg nach Grönland und Nordamerika lange vor Kolumbus. Im Mittelalter wütete die Pest, löschte zwei Drittel der Bevölkerung des Landes aus, und der geschwächte Staat kam unter die dänische Herrschaft, die von 1380 bis 1814 andauerte. Danach trat Dänemark nach den napoleonischen Kriegen Norwegen an Schweden ab, bis die Union 1905 friedlich aufgelöst wurde. Durch Volksentscheid wurde Håkon VII. norwegischer König, dessen Sohn als König Olav V. bis 1991 regierte. Ein düsteres Kapitel in der jüngeren Geschichte des Landes stellt die Besetzung durch Hitlers Truppen zwischen 1940 und 1945 dar. Norwegen ist eine konstitutionelle Monarchie mit parlamentarischem System. Viele Jahre stand Gro Harlem Brundtland als Ministerpräsident einer Regierung vor, der neun Frauen angehöten. Seit 1996 ist Thorbjörn Jagland ihr Nachfolger. Umfassend ist das lokale Selbstbestimmungsrecht der 19 Regierungsbezirke (fylker) und der 439 Kommunen ausgebaut worden.
Seit 1949 gilt Norwegen als verläßlicher NATO-Partner, zuvor beteiligte es sich an der Gründung der Vereinten Nationen. 1972 sprach sich im Rahmen einer Volksabstimmung eine knappe Mehrheit gegen eine Mitgliedschaft in der EG aus, eine Frage, die heftig im Land diskutiert wurde, auch nachdem eine solide Mehrheit im Parlament Ende 1992 grünes Licht für einen Antrag auf Mitgliedschaft in der EU gegeben und die Ministerpräsidentin das Gesuch wenig später der EU-Spitze überreicht hatte
Das Referendum vom 28.November 1994 brachte einen erneuten Sieg für die Gegner der EU. 52,4% stimmten gegen den Beitritt.
Wirtschaftliche Lage:
Die norwegische Erdöl- und Gasproduktion erreicht inzwischen einen Anteil von rund 15 % am Bruttosozialprodukt, allerdings führten relativ niedrige Ölpreise in den vergangenen Jahren das Land rasch vom Ölrausch in die Krise. Ein rasanter Strukturwandel hat traditionelle Industriezweige und Gewerbe schrumpfen lassen, während der Dienstleistungsbereich sowie an die Ölproduktion gekoppelte und andere, "intelligente" Industrien an Bedeutung zunahmen. Billige hydroelektrische Energie ist die Basis für Norwegen als Europas Hauptproduzent von Rohaluminium und Ferrolegierungen, ferner verfügt das Land inzwischen über eine eigene Petrochemie- und Ölveredlungsindustrie.
Seit Gründung des Norwegischen Internationalen Schiffsregisters 1987 gehört die norwegische Handelsflotte zu den führenden in der Welt.
Hoch subventioniert wird die Landwirtschaft, da die meisten Betriebe zu klein sind und unrentabel arbeiten. Beschäftigung und Besiedlung in den ländlichen Gemeinden sollen jedoch aufrecht erhalten bleiben. Auch die traditionelle Fischerei hat an Bedeutung verloren, während die Aquakultur, vor allem die Lachszucht, zu den Wachstumsbranchen zählt, die bisweilen mit dem Problem der Überproduktion zu kämpfen hat.
Anfang 1997 sind die Wirtschftsaussichten recht günstig. Das Land ist schuldenfrei, das BNP soll um 3,5% (1997) steigen. Auch wenn die Konkurrenzfähigkeit der Industrie sinken wird, geht das Land dank seiner Öl- und Gasvorkommen wohlhabend ins neue Jahrtausend.
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